Anklam 1650 in der Ansicht von Matthäus Merian der Ältere (* 22. September 1593 in Basel; † 19. Juni 1650 in Langenschwalbach) war ein schweizerisch-deutscher Kupferstecher und Verleger aus der vornehmen Basler Familie Merian. Quelle: wikipedia commons

Aus dem Leben von Dr. Johannes Weygardus Bruinier, Studienrat in Anklam 1867 – 1939.

Johannes Weygardus Bruinier wurde am 6. November 1867 in der Nähe von Amsterdam geboren. Er besuchte das Gymnasium zu Weißburg im Elsaß und kam erst als Student in Leipzig und Greifswald in eine ausschließlich deutsche Umwelt.

Er studierte Sanskrit, vergleichende Sprachwissenschaften und germanische Philologie, promovierte in Greifswald und habilitierte sich dort 1893.
1898 ging er als Lektor der deutschen Sprache nach Oslo. Dort befiel ihn bald eine ernsthafte Nervenkrankheit, von der er sich erst nach schweren Jahren soweit erholte, dass er als fast 30jähriger noch das Staatsexamen für das höhere Lehramt in den Fächern Deutsch, Latein und Griechisch ablegen konnte. 1908 begann er den Schuldienst am Gymnasium in Anklam.

Dort war er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1930 als eine ausgeprägt wissenschaftliche Persönlichkeit tätig. Seine Welt war sein Studierzimmer, inmitten von Büchern und Manuskripten die gewohnte holländische Pfeife rauchend. Schon aus früherer Zeit stammen textkritische Bearbeitungen einiger mittelhochdeutscher Liedhandschriften. Immer wieder beschäftigten ihn die Volksstücke und Puppenspiele vom Dr. Faust. Einige Fassungen gab er in Anklamer Gymnasialprogrammen heraus.
Den ersten Anstoß zur landesgeschichtlichen Arbeit hat 1922 die 75-Jahrfeier des Anklamer Gymnasiums gegeben. Er wies darauf hin, dass die "Anstalt" schon lange voher bestanden und viele Schüler zur Universität vorbereitet habe. In der Kirchenvisitation von Bugenhagen des Jahr 1535 ist die die Urkunde zu finden. Dies betonte Bruinier und wurde so der geistige Urheber der 400-Jahrfeier im Jahre 1935.

Aber erst die erste Begegnung mit dem Stadtbuch im gleichen Jahr ließen den Philologen und Volkskundler zum kritischen Historiker werden. Die Bearbeitung des Anklamer Stadtbuches ist das große Verdienst des Studienrates Dr. J.W. Bruinier. Aus eigener Initiative hat er von dem 1401 beginnenden Buch in langwieriger, sorgfältiger Arbeit eine außerordentliche zuverlässige Abschrift hergestellt. Der Schatz schlummerte unbeachtet seit dem 16. Jahrhundert im Anklamer Ratsarchiv. 1922 drohte dem kostbaren Pergamentkodex im Zuge einer unverständlichen Entrümpelungsaktion schon die Vernichtung als „Altpapier“, als durch einen glücklichen Zufall Bruinier davon Kenntnis erhielt. Er empfand es fortan als eine ihm übertragene Verpflichtung, diesen Schatz der Forschung und der Nachwelt zu erhalten. (Über diese erste Berührung mit dem Anklamer Stadtbuch berichtet Bruinier im Heimatkalender Anklam 1924, S. 61).

Als Sprachwissenschaftler lockte ihn zunächst die philologische Seite; er plante eine mittelniederdeutsche Syntax. Dann packte ihn der geschichtliche Inhalt Er ging allen nur denkbaren Einzelfragen nach, den Personennamen und Ortsbezeichnungen, den einzelnen Grundstücken und Personen, den Berufen und Gewerben, die Geschichte der Häuser und Bewohner, der Gärten und Ackerstücke des 15. und frühen 16.Jahrhundert.

In diesem Anklam der Vergangenheit war er schließlich ganz zu Hause. Er bemühte sich durch die Aufarbeitung weiterer Akten und der ältesten Kirchenbücher, soweit es ihm vom Schreibtisch gesundheitlich noch möglich war, zu einen umfassenden Gesamtbild der Geschichte Anklams zu kommen. Es ist erstaunlich, was Bruinier in den 15 Jahren in liebevoller Kleinarbeit dem Text des Stadtbuches entlockte.

In der Einleitung zum Anklamer Stadtbuch schrieb Bruinier 1937:

„Meine Arbeit kann den Anspruch darauf erheben, eine durchaus zuverlässige Quelle zur Erkenntnis sprachlicher Verhältnisse in einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten Gegend des niederdeutschen Raumes zu sein, und sie will besonders danach gewertet werden. Erst an zweiter Stelle kommt für mich der Gewinn, den Heimat- und Sippenforschung ohne Zweifel aus dem Buche ziehen werden“.

1937 wurde mit dem Druck des ältesten Teil des Stadtbuches begonnen. So sah Bruinier noch seinen sehnlichsten Wunsch in Erfüllung gehen, als er am 16.März 1939 in Demmin starb.
Durch die Kriegswirren verzögerte sich der endgültige Druck. Teile des Manuskriptes gingen verloren. Nach fast zwanzigjähriger Unterbrechung konnte nunmehr die begonnene Veröffentlichung 1959 mit Unterstützung des Joh. Gottfr. Herder- Forschungsrates ermöglicht werden.

Ein Verzeichnis von Bruiniers Beiträgen zum Anklamer Heimatkalender befindet sich im „Heimatkalender Anklam 1940" auf Seite 53. Das Museum im Steintor Anklam hat viele dieser Arbeiten unter diesem Link schon online gestellt.

Quellen der Ausarbeitung des Lebensweges von J.W.Bruinier sind:
- Auszüge aus: Hermann Bollnow, Widmung für J.W.Bruinier, in Stadtbuch Anklam, Ältester Teil , Seite IX –XI, 1960.
- Auszüge aus J.W.Bruinier, Einleitung im Stadtbuch Anklam, Ältester Teil

Der gebürtige Niederländer J.W. Bruinier wurde zu einem der wichtigsten Chronisten der Anklamer Stadtgeschichte. Gerhard Wöhner zeichnet seinen Werdegang auf.

 

Die Pest in Anklam

Stadtansicht von Anklam aus dem Jahre 1618 von Eilhard LubinDie Karte zeigt die Stadtansicht von Norden vor den Zerstörungen durch den Dreißigjährigen Krieg. Nicht zu sehen sind die Bastionen auf der Südseite.

Die Stadt Anklam liegt an der Peene kurz vor ihrer Mündung in den zur Ostsee gehörenden Peenestrom. Anklam war Jahrhunderte lang von Wasser und Moor umgeben. Diese natürliche Lage schützte sie sehr gut gegen äußere Feinde und machte sie zu einem bedeutenden Handelsplatz.

 

Auf den Internetseiten der Stadt Anklam und des Museums im Steintor werden die wichtigsten Daten der Geschichte Anklams dargestellt:
1243 wurde Anklam erstmals urkundlich erwähnt, als der Schultheiß Albert ("Albertus scultetus in Tanchlim") Zeuge einer herzöglichen Beurkundung war.
1264 erhielten die Bürger der Stadt Anklam durch den Herzog Barnim I. lübisches Stadtrecht mit der Erlaubnis auf allen seinen Gewässern ungehindert Schifffahrt zu betreiben und der Befreiung von Zöllen.
Anklam wurde 1283 erstmals als Hansemitglied urkundlich erwähnt. Die Stadt wurde mehrmals durch Brände fast komplett zerstört.
So auch 1377 als die Stadt bis auf die Marienkirche und einige Häuser vollständig niederbrannte. Bereits um 1400 war Anklam wiederaufgebaut. Für die Versorgung der Kranken und älterer Leute wurde gesorgt: 1448 errichtete Bürgermeister Arndt Kölpin bei der Kapelle zum „Heiligen Leichnam“ in der Baustraße eine Stiftung für die Versorgung älterer Bürger, die noch bis 1945 bestand. 1555 wurde in Anklam die erste Apotheke, die „Ratsapotheke“, eröffnet.
Anklam wurde seit dem Mittelalter immer wieder von der Pest heimgesucht. Sie wütete auch 1565 und 1605 in der Stadt. 1.600 bzw. 1.400 Menschen starben, also ein Drittel der Bevölkerung jener Zeit (1565 hatte Anklam 4.800 Einwohner).
Die Hygiene wurde durch das Verlegen der ersten Wasserleitung 1580 verbessert.

(Quelle: Ernährungsrekonstruktion dreier mittelalterlicher Bevölkerungen anhand der Analyse stabiler Isotope und Spurenelemente, Schäuble, Annette)

 

Heute findet man immer wieder bei städtebaulichen Massnahmen in Anklam sogenannte "Notfriedhöfe" aus den Zeiten der Pestepidemien. Zuletzt im August 2011 bei der Sanierung des Schulhofes der Käthe-Kollwitz-Schule, lesen sie hierzu den Artikel aus dem Nordkurier, abgerufen am 22.11.2011 als pdf-Datei.

 

Das Pestregister aus 1565 hat Dr. J.W. Bruinier übertragen und 1935 im Heimatkalender Anklam veröffentlicht. Unser Mitglied Willi Köhler hat die Namen in einer Excel-Datei erfasst und alphabetisch sortiert. Die Angaben, z.T. nur Zahlen oder Hausnummern, geben einen Einblick in die Nöte der damaligen Zeit.

Die Pesttoten des Jahre 1565

 

Mehrfach wütete in Anklam die Pest. Im verfilmten Kirchenbuch Evangelische Kirche Sankt Nikolai Anklam 1544 –1548 sind aus dem Jahre 1565 auch 24 Seiten eines Pestregisters erhalten, die Dr. Bruinier im Heimatkalender 1935 veröffentlichte.

Das älteste Stadtbuch von Anklam

Das soziale Gefälle zwischen dem Stadtadel und den Kaufleuten auf der einen Seite und den kleinen Leuten, die in den Buden und Kellern ungenannt lebten und  keinen Grundbesitz besaßen, war enorm.
Für Namensforscher öffnet sich mit den 455 Familiennamen, die im Stadtbuch genannt werden ein weites Feld für ihre Arbeit. Nach erster Übersicht wurden etliche Namen aus dem Niederdeutschen, von Städten und Orten aus Pommern und von den Berufsbezeichnungen entnommen. Siedler aus Niedersachsen und Westfalen haben ihre Namen mitgebracht.

 

Für Namensforscher öffnet sich mit den 455 Familiennamen die im Stadtbuch genannt werden ein weites Feld für ihre Arbeit.Nach erster Übersicht wurden etliche Namen aus dem Niederdeutschen, von Städten und Orten aus Pommern und von den Berufsbezeichnungen entnommen. Siedler aus Niedersachsen und Westfalen haben ihre Namen mitgebracht.

 

Gerhard Wöhner hat die erfassten Namen (1205 Personen) abgeschrieben und alphabetisch erfasst.

Quelle: Das Stadtbuch von Anklam, Ältester Teil 1401 - 1429. Nach der Handschrift bearbeitet von J.W. Bruinier Ältester Teil 1401 - 1429, Veröffentlichung der Historische Kommission für Pommern, Böhlau Verlag Köln Graz 1960

 

Ergänzende Literatur zum Stadtbuch von Anklam:
G.Becker," Das Stadtbuch und das Alte Anklam" in Heimatkalender Anklam1993, S.53 - 65
Dr.J.W.Bruinier " Das Anklamer Stadtbuch " , in Heimatkalender Anklam 1924, S.61 - 64
Dr.J.W. Bruinier " Frauennamen in Anklam vor 500 Jahren" in Heimatkalender Anklam 1926, S.34
Dr. J.W. Bruinier " Familiengeschichtliches" in Heimatkalender Anklam 1931, S.37 – 41
Dr.J.W. Bruinier " Häuser, die jeder Anklamer kennt, vor ein halbes Jahrtausend" in Heimatkalender Anklam 1937, S.37 - 47
"Stadtbuchinventar von Anklam" im Archiv des Museums im Steintor Anklam.

 

Stadtbuch Anklam 1429- 1453

Dieses Personenverzeichnis aus der Stadt Anklam im 15. Jahrhundert wurde auf der Grundlage des Stadtbuches Anklam zweiter Teil von Gerhard Wöhner abgeschrieben. Es enthält 697 Personen mit 470 Familiennamen.

 

Stadtbuch Anklam 1454- 1474

Dieses Personenverzeichnis aus der Stadt Anklam im 15. Jahrhundert wurde auf der Grundlage des Stadtbuches Anklam dritter Teil von Gerhard Wöhner abgeschrieben. Es enthält 773 Personen mit 485 Familiennamen.

 

In diesem Grundbuch des späten Mittelalters sind nur die Eigentümer von Häusern, Buden, Grundstücken und Ländereien (Erben) genannt. J.W.Bruinier schreibt in seinem Artikel über das Stadtbuch, dass nur 30 Familien fast ein Drittel des Hausbesitzes der Stadt besaßen.
Die Stadt Anklam wurde nach einem Großbrand bis auf die Marienkirche und einige Häuser darum 1377 fast völlig zerstört und um 1400 wieder aufgebaut. Es entwickelte sich wieder ein Wohlstand.