Aus dem Leben von Dr. Johannes Weygardus Bruinier, Studienrat in Anklam 1867 – 1939.

Johannes Weygardus Bruinier wurde am 6. November 1867 in der Nähe von Amsterdam geboren. Er besuchte das Gymnasium zu Weißburg im Elsaß und kam erst als Student in Leipzig und Greifswald in eine ausschließlich deutsche Umwelt.
Er studierte Sanskrit, vergleichende Sprachwissenschaften und germanische Philologie, promovierte in Greifswald und habilitierte sich dort 1893.
1898 ging er als Lektor der deutschen Sprache nach Oslo. Dort befiel ihn bald eine ernsthafte Nervenkrankheit , von der er sich erst nach schweren Jahren soweit erholte, dass er als fast 30jähriger noch das Staatsexamen für das höhere Lehramt in den Fächern Deutsch, Latein und Griechisch ablegen konnte. 1908 begann er den Schuldienst am Gymnasium in Anklam.
Dort war er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1930 als eine ausgeprägt wissenschaftliche Persönlichkeit tätig.
Seine Welt war sein Studierzimmer, inmitten von Büchern und Manuskripten die gewohnte holländische Pfeife rauchend. Schon aus früherer Zeit stammen textkritische Bearbeitungen einiger mittelhochdeutscher Liedhandschriften. Immer wieder beschäftigten ihn die Volksstücke und Puppenspiele vom Dr. Faust. Einige Fassungen gab er in Anklamer Gymnasialprogrammen heraus.
Den ersten Anstoß zur landesgeschichtlicher Arbeit hat 1922 die 75-Jahrfeier des Anklamer Gymnasiums gegeben. Er mokierte sich über den ungeschichtlichen Sinn einer Stadt und einer Anstalt, die den Ursprung der „ Gelehrten Schule“ im Jahre 1535 nicht mehr ernst nahmen.

Aber erst die erste Begegnung mit dem Stadtbuch im gleichen Jahr ließen den Philologen und Volkskundler zum kritischen Historiker werden. Die Bearbeitung des Anklamer Stadtbuches ist das große Verdienst des Studienrates Dr. J.W. Bruinier. Aus eigener Initiative hat er von dem 1401 beginnenden Buch in langwieriger , sorgfältiger Arbeit eine außerordentliche zuverlässige Abschrift hergestellt.. Der Schatz schlummerte unbeachtet seit dem 16. Jahrhundert im Anklamer Ratsarchiv. 1922 drohte dem kostbaren Pergamentkodex im Zuge einer unverständlichen Entrümpelungsaktion schon die Vernichtung als „Altpapier“, als durch einen glücklichen Zufall Bruinier davon Kenntnis erhielt. Er empfand es fortan als eine ihm übertragene Verpflichtung, diesen Schatz der Forschung und der Nachwelt zu erhalten. (Über diese erste Berührung mit dem Anklamer Stadtbuch berichtet Bruinier im Heimatkalender Anklam 1924, S. 61).
Als Sprachwissenschaftler lockte ihn zunächst die philologische Seite ; er plante eine mittelniederdeutsche Syntax. Dann packte ihn der geschichtliche Inhalt Er ging allen nur denkbaren Einzelfragen nach, den Personennamen und Ortsbezeichnungen, den einzelnen Grundstücken und Personen, den Berufen und Gewerben, die Geschichte der Häuser und Bewohner, der Gärten und Ackerstücke des 15. und frühen 16.Jahrhundert
In diesem Anklam der Vergangenheit war er schließlich ganz zu Hause.Er bemühte sich durch die Aufarbeitung weiterer Akten und der ältesten Kirchenbücher, soweit es ihm vom Schreibtisch gesundheitlich noch möglich war, zu einen umfassenden Gesamtbild der Geschichte Anklams zu kommen. Es ist erstaunlich, was Bruinier in den 15 Jahren in liebevoller Kleinarbeit dem Text des Stadtbuches entlockte.
In der Einleitung zum Anklamer Stadtbuch schrieb Bruinier 1937 :
„ Meine Arbeit kann den Anspruch darauf erheben, eine durchaus zuverlässige Quelle zur Erkenntnis sprachlicher Verhältnisse in einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten Gegend des niederdeutschen Raumes zu sein, und sie will besonders danach gewertet werden. Erst an zweiter Stelle kommt für mich der Gewinn, den Heimat- und Sippenforschung ohne Zweifel aus dem Buche ziehen werden“.
1937 wurde mit dem Druck des ältesten Teil des Stadtbuches begonnen. So sah Bruinier noch seinen sehnlichsten Wunsch in Erfüllung gehen, als er am 16.März 1939 in Demmin starb.
Durch die Kriegswirren verzögerte sich der endgültige Druck. Teile des Manuskriptes gingen verloren. Nach fast zwanzigjähriger Unterbrechung konnte nunmehr die begonnene Veröffentlichung 1959 mit Unterstützung des Joh. Gottfr. Herder- Forschungsrates ermöglicht werden.
Ein Verzeichnis von Bruiniers Beiträgen zum Anklamer Heimatkalender befindet sich im „Heimatkalender Anklam „1940, Seite 53.
Das Museum im Steintor Anklam hat viele dieser Arbeiten unter diesem Link schon online gestellt.

Gerhard Wöhner, Rostock, Ansprechpartner füt die Stadt u. den Kreis Anklam, Mitglied der Arbeitsgruppe Anklam- Ückermünde Februar 2012

Quellen der Ausarbeitung des Lebensweges von J.W.Bruinier sind:
– Auszüge aus :Hermann Bollnow, Widmung für J.W.Bruinier , in Stadtbuch Anklam, Ältester Teil , Seite IX –XI, 1960.
– Auszüge aus J.W.Bruinier, Einleitung im Stadtbuch Anklam , Ältester Teil