Dr. Hasso Prahl hat einen umfassenen Überblick zur Entstehung der verschiedenen christlichen Konfessionen zusammengestellt.

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Fiktive Disputation zwischen führenden Reformatoren und Vertretern der katholischen Kirche, umringt von wichtigen Reformatoren. Auf der linken Seite des Tisches sitzend: Luther, Zwingli, Calvin, Melanchthon, Bugenhagen und Oecolampad. Radierung, 1650, Zentralbibliothek Zürich, Schwyzer, Hans, Maler, Kupferstecher, 1625-1670 [Public domain], via Wikimedia Commons
  • Ahnenforschung und Kalenderreformen

Wer mit der Ahnenforschung beginnt, erlebt vielerlei Überraschungen und manche wertvolle Erkenntnis. Einige Beispiele sollen das belegen.

Wer unter seinen Vorfahren Johann Sebastian Bach entdeckt, erhält für ihn gleich zwei Geburtsdaten, den 21. März 1685 nach dem julianischen und den 31. März 1685 nach dem gregorianischen Kalender. Der angehende Ahnenforscher fragt sich verblüfft, welches denn nun das „richtige“ Geburtsdatum sei. Natürlich gilt diese Doppelangabe nicht nur für Bach.

Der Ahnenforscher geht vermutlich auch wie selbstverständlich davon aus, daß er in den staatlichen Personenstandsregistern suchen muß. Bei dieser Suche erfährt er dann, daß erst seit dem „Gesetz über dieBeurkundung des Personenstandes und der Eheschließung“ vom 06. Februar 1875 gilt: „Die Beurkundung der Geburten, Heirathen und Sterbefälle erfolgt ausschließlich durch die vom Staate bestellten Standesbeamten mittels Eintragung in die dazu bestimmten Register.“ Mit anderen Worten, für die Zeit davor ist der Ahnenforscher auf die konfessionellen Kirchenbücher angewiesen[1].

Aus diesen einleitenden Bemerkungen ergibt sich, daß der Ahnenforscher ohne gewisse Kenntnisse der christlichen Bekenntnisse nicht auskommt. Dieser Überblick will dazu beitragen, daß selbst Jahresdaten zu Leben und Tod der Ahnen ohne Kenntnisse der christlichen Bekenntnisse nicht richtig verstanden und eingeordnet werden können. Ohne diese Kenntnisse besteht auch die Gefahr, ähnlich klingende Bezeichnungen christlicher Bekenntnisse zu verwechseln[2].

Zunächst zum Unterschied zwischen dem julianischen und dem gregorianischen Kalender.

Der julianische Kalender wurde von Gaius Iulius Caesar (100 – 44 v. Chr.) im Jahre 46 v. Chr. eingeführt. Nach naturwissenschaftlichen Erkenntnissen unterscheidet sich ein von Menschen ersonnenes Kalenderjahr vom Sonnenjahr um Bruchteile eines Tages. Aus Bruchteilen eines Tages werden im Verlaufe von mehr als tausend Jahren beinahe zwei Wochen. Da die christliche Kirche zur Bestimmung des Osterdatums die Periode des Mondzirkels verwendet[3], ergaben sich weitere Probleme. Denn auf dem Konzil von Nizäa wurde im Jahre 325 der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling (Datum des Frühlingsvollmondes) als Osterdatum festgelegt und ist daher jährlich im März/April beweglich. Danach richten sich dann auch die Daten der beweglichen Festtage des Osterfestkreises. Das vom Datum des Frühlingsanfangs und vom Datum des Frühlingsvollmondes abhängige Osterdatum wurde infolgedessen nicht mehr richtig bestimmt.

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400 Jahre Gregorianischer Kalender, Erstausgabetag: 14. Oktober 1982, scanned by NobbiP [Public domain], via Wikimedia Commons
Vorschläge für eine notwendige Kalenderreform wurden jahrhundertelang abgelehnt. Schließlich verordnete Papst Gregor XIII. 1582 den nach ihm benannten Reformkalender, den heute weltweit verbreiteten gregorianischen Kalender. Die Verspätung des Kalenders gegenüber den natürlichen Jahreszeiten wurde dadurch beseitigt, daß auf Donnerstag, den 4. Oktober Freitag, der 15. Oktober 1582 folgte. Auch der gregorianische Kalender kann notwendigerweise nicht vollkommen sein. Denn das Problem der Bruchteile eines Tages läßt sich nicht lösen, ist aber so stark vermindert, daß z.B. der Frühlingsanfang erst nach rund 8000 (!) Jahren wieder einen ganzen Kalendertag früher eintreten würde.

Parallel zur Kalenderreform wurde der Jahresbeginn auf den 1. Januar verschoben. Er bot sich als Neujahrstag an, wegen der zeitlichen Nähe zum Christfest und zur Wintersonnenwende. Auch die römische Tradition war darin wiederzufinden, denn der Januar wird von ianua, der Tür, abgeleitet und versinnbildlicht den Blick ins alte und ins neue Jahr. Aus dem siebenten Monat September wurde der neunte Monat, aus dem zehnten Monat Dezember der zwölfte Monat.

Der gregorianische Kalender wurde zwar 1582 im Heiligen Römischen Reich von den römisch-katholischen Reichsständen eingeführt, aber auch manche katholischen Länder taten dies erst nach und nach.

Die evangelischen Länder des Heiligen Römischen Reiches übernahmen den gregorianischen Kalender nach einem Beschluß des Corpus Evangelicorum erst 1700: auf den 18. Februar folgte im Reich unmittelbar der 1. März 1700. Bis dahin mußten Verträge zwischen evangelischen und katholischen Fürsten mit beiden Daten versehen werden.

Ein Sonderfall: das Kurfürstentum Brandenburg war in Personalunion mit dem außerhalb des Reiches gelegenen Herzogtum Preußen verbunden. Auf Druck des Lehnsherrn (Königreich Polen) hatte das Herzogtum Preußen als erstes protestantisches Land den „katholischen“ Kalender 1612 eingeführt.

Der gregorianische Kalender löste im Laufe der Zeit sowohl den julianischen als auch zahlreiche andere Kalender ab[4].

  • Frühe christliche Bekenntnisse

Seit den Zeiten der frühen Christenheit wurde um den rechten (richtigen, wahren, orthodoxen) Glauben gerungen. Das veranlaßte den Apostel Paulus zu schreiben:

„10 Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle mit einer Stimme redet und lasst keine Spaltungen unter euch sein, sondern haltet aneinander fest in einem Sinn und in einer Meinung. 11 Denn es ist mir bekannt geworden über euch, liebe Brüder, durch die Leute der Chloë, dass Streit unter euch ist. 12 Ich meine aber dies, dass unter euch der eine sagt: Ich gehöre zu Paulus, der andere: Ich zu Apollos, der Dritte: Ich zu Kephas, der Vierte: Ich zu Christus.“[5]

Solcher Streit setzte sich bis in die Gegenwart fort und führte zu vielen christlichen Glaubensbekenntnissen. Sie entstanden vorzugsweise dann, wenn wegen des Streits eine Abgrenzung gegenüber abweichenden Lehren erforderlich wurde, die als nicht vertretbar erschienen und als Häresie oder Ketzerei bezeichnet wurden.

War es anfangs der Streit um den rechten Glauben innerhalb der Glaubensgemeinschaft, der durch ein oder mehrere verbindliche Glaubensbekenntnisse geregelt wurde, so wurde seit der oder den Kirchenspaltungen aus dem Bekenntnis die Bezeichnung der Konfessionszugehörigkeit.

In der alten Kirche[6] entzündete sich der Streit an den Begriffen Gott Vater – Sohn Jesus Christus – Heiliger Geist, mit anderen Worten, an der Trinität (Dreifaltigkeit, Dreieinigkeit): Christus als eines Wesens mit Gott. Das bestritten die verschiedenen Ausrichtungen des Arianismus. Das erste ökumenische Konzil von Nizäa (318 – 325) führte zur Verabschiedung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses[7]. Da dadurch noch immer nicht alle Streitfragen gelöst waren, wurde auf dem Konzil von Konstantinopel (381) eine Erweiterung als Glaubensbekenntnis von Nizäa- Konstantinopel beschlossen. Dieser Text ist in der Fassung überliefert, die dem Konzil von Chalcedon (451) vorgelegen hat.

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Konstantin entrollt das Bekenntnis von Nicäa (Ikone) Quelle: http://home.scarlet.be/amdg/index.html via commons.wikipedia

Später hat die westliche Kirche[8] im Glaubensbekenntnis beim Heiligen Geist den Satzteil „der aus dem Vater hervorgeht“ ergänzt. Seither lautet er „der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht“[9].

Abgesehen von diesem Streitpunkt ist das Nicaeno-Konstantinopolitanum das Glaubensbekenntnis, das alle Kirchen, die die ersten beiden ökumenischen Konzilien anerkennen, verbindet.

Zu den ökumenischen Konzilien: die Einheit der Weltkirche wurde durch Konzilien gewährleistet, deren Aufgabe es war, Streitfälle beizulegen, um die Kirchengemeinschaft mit allen Ortskirchen der Ökumene[10] aufrechtzuerhalten.

Auf dem Konzil von Nizäa war die „Metropolitanverfassung“ eingerichtet worden. Auf dieser Grundlage entstanden die Diözesen (kirchliche Verwaltungsgebiete), aus denen sich später die Patriarchate[11] entwickelten. Die Patriarchate waren untereinander ranggleich und standen zueinander in einer festen Ehrenordnung, deren Spitze Rom mit den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus bildete. Rom war Primus inter pares (Erster unter Gleichen).

Im Laufe der Zeit setzte eine Entwicklung ein, die schließlich im Jahre 1054 zum großen morgenländischen Schisma (Kirchenspaltung) führte, also zur Trennung der lateinischen Kirche des Westens von der griechisch-orthodoxen Kirche des byzantinischen Reiches im Osten. Entscheidend für diese Trennung waren weniger theologische Unterschiede, als vielmehr kirchenpolitische Interessen, die mit dem Wachstum der Macht und des Ansehens des Papsttums in Rom zu tun hatten.

Ein Nachtrag zum Glaubensbekenntnis: bekannter als das feierlich wirkende Nizänische Glaubensbekenntnis, das an hohen Feiertagen gebetet wird, ist das Apostolische Glaubensbekenntnis[12] für den normalen Gottesdienst. Das Apostolische Glaubensbekenntnis wird von den westlichen Kirchen allgemein anerkannt. Dagegen ist es in den östlichen Kirchen[13] im Allgemeinen unbekannt.

Die östlichen Kirchen sind besser bekannt als Orthodoxe Kirchen oder Byzantinisch-orthodoxe Kirchen. Sie folgen dem byzantinischen Ritus. Darüber hinaus gibt es noch weitere östliche Kirchen[14]. Alle diese östlichen Kirchen sollen hier nicht näher dargestellt werden[15], auch nicht die im jeweiligen Einflußbereich gegebenenfalls vorkommenden unierten Kirchen oder ähnliche Formen.

  • Bekenntnisse der Reformationszeit

Nach der Darstellung der altkirchlichen Glaubensspaltungen wird nunmehr der Bogen zur Reformation und den Folgen geschlagen, d.h. zu weiteren Glaubensspaltungen und unterschiedlichen christlichen Bekenntnissen.

Das 5. Laterankonzil (1512–1517) hatte eine überfällige Kirchenreform zwar begonnen, war aber damit im wesentlichen gescheitert. Daher wurden bereits unmittelbar nach dessen Beendigung die Forderungen nach Erneuerung laut, wohlgemerkt im Rahmen der bestehenden Papstkirche. Viele Katholiken waren über nach ihrer Ansicht falsche Lehren und Mißbräuche innerhalb der Kirche beunruhigt. Stichworte wie Ablaßbriefe und Ablaßhandel und Käuflichkeit kirchlicher Ämter (Simonie) mögen genügen.

Nachdem Martin Luther (1483 – 1546) die Bibel und insbesondere die Theologie des Apostels Paulus (Rechtfertigungslehre) gründlich studiert hatte, lud er mit dem bekannten Thesenanschlag zu einer wissenschaftlichen Disputation ein.

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Papst Leo X, „Bulle gegen die Irrtümer Luthers und seiner Anhänger“, Rom: Jacobus Mazochius 1520.

Die systemsprengende Kraft der Reformation lag in ihrer Theologie [16]: durch die Zuwendung Gottes zum Menschen allein aus Gnade (sola gratia) wurde der Heilsapparat der römisch-katholischen Kirche weithin gegenstandslos. Mit der Rechtfertigung des Menschen allein aus dem Glauben (sola fide) fiel das System der frommen Werke zusammen: Nachlaß der Sündenstrafen gegen Geld. Auch die römisch-katholische Tradition mit ihrer Vorordnung der Kirchenlehre vor der Wahrheit der Bibel war durch das Prinzip allein die Schrift (sola scriptura) delegitimiert.

Da die Vertreter der Amtskirche bis hinauf zum Papst in Rom[17] keine Reform wünschten, verhärteten sich die Dinge zusehends: Ketzerprozeß gegen Luther, Kirchenbann, Exkommunikation, Verhängung der Reichsacht (Wormser Edikt von 1521, Luther für vogelfrei erklärt)… Normalerweise wäre Luther verloren gewesen, hätte sein Landesherr, Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, nicht seine schützende Hand über ihn gehalten.

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Kurfürst Friedrich der Weise (1463–1525), Schutzherr Martin Luthers. Porträt von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553)

Nach und nach trat eine von der Amtskirche und Kaiser Karl V. (1500 – 1558) in seiner Eigenschaft als „defensor fidei“ (Schirmherr des rechten Glaubens) nicht vorhergesehene Entwicklung ein. Denn inzwischen vertraten mehrere Fürsten und Freie Reichsstädte Luthers Reformanliegen. Auf dem Reichstag zu Speyer am 19. April 1529 traten sechs Landesherren und vierzehn Freie Reichsstädte als Vertreter der protestantischen Minderheit gegen die Verhängung der Reichsacht gegen Luther sowie die Ächtung seiner Schriften und Lehre auf. Mehr noch, sie forderten die ungehinderte Ausbreitung des evangelischen Glaubens. Mit ihrer Beschwerde (protestatio) gegen den Beschluß der Rücknahme der Reformation in ihren Gebieten führten sie die Geburtsstunde des Protestantismus herbei.

Das war noch nicht der endgültige Bruch. Denn die lutherischen Reichsstände ließen auf dem Augsburger Reichstag 1530 das von Melanchthon verfaßte und von Luther gebilligte Augsburger Bekenntnis verlesen, die Confessio Augustana (CA). Im ersten Teil der Confessio Augustana wird die reformatorische Lehre möglichst im Einklang mit dem alten Glauben dargestellt, um sich nicht dem Vorwurf der Ketzerei auszusetzen, was auch gegen Reichsrecht verstoßen hätte. Im zweiten Teil werden Mißstände zusammengestellt: z.B. Zölibat, Fastengebote, Klostergelübde, bischöfliche Jurisdiktion. Die Bemühungen blieben jedoch ergebnislos. Kaiser Karl V. bestätigte das Wormser Edikt von 1521 (Verhängung der Reichsacht über Martin Luther).

Damit stand fest, daß mit der Amtskirche keine Verständigung mehr möglich war. Daher begannen die Evangelischen, sich bekenntnismäßig und kirchenrechtlich als Kirchen zu verstehen und zu organisieren. Um das Überleben dieser neuen Kirchen zu gewährleisten, sah Luther nur einen Weg, die Verbindung mit den Fürsten. Daraus entstanden die evangelischen Landeskirchen. Oberster Kirchenherr war der Landesfürst als Notbischof.

Das galt nicht nur für die Lutheraner, sondern entsprechend auch für die Anhänger des Schweizer Reformators Huldrych (Huldreich, Ulrich) Zwingli (1484 – 1531), die Reformierten (die nach der Ordnung des Evangeliums Erneuerten).

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Die Reformatoren Heinrich Bullinger, Girolamo Zanchi, John Knox, Huldrych Zwingli, Martir (?), Martin Bucer, Matthew Parker, William Perkins, Philipp Melanchthon, Martin Luther, Jean Calvin, Theodore de Bèze (Beza) und John Wyclif um einen Tisch sitzend, Öl auf Leinwand, 87 x 142 cm, deutsche Schule des frühen 17. Jahrhunderts. By Anonymous (Dorotheum) [Public domain], via Wikimedia Commons
Während die Lutheraner hofften, reichsrechtlich anerkannt zu werden, erschien das für die Reformierten von vornherein ausgeschlossen. Das hatte vor allem mit der Abendmahlslehre zu tun. Das begann schon damit, daß sich noch nicht einmal Luther und Zwingli darüber einigen konnten. Sie führten darüber 1529 in Marburg ein Religionsgespräch. Beide lehnten die Transsubstantiationslehre der römisch-katholischen Kirche ab, die dauerhafte Wandlung von Brot und Wein in der priesterlichen Vergegenwärtigung des einen Opfers Christi während der Wandlungsworte. Beide waren für die Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt (Brot und Wein, also Beibehaltung des Laienkelches). Aber für Zwingli war das Abendmahl eine Bekenntnishandlung der Gemeinde, für Luther war Christus beim Abendmahl wirklich gegenwärtig (Realpräsenz). Damit stand er nahe bei der Transsubstantiationslehre der römisch-katholischen Kirche. Beide Reformatoren sahen keine Möglichkeit, sich zu einigen und gingen im Dissens auseinander.

Nach dem Scheitern der von den evangelischen Landständen auf dem Augsburger Reichstag von 1530 erhofften Verständigung mit den Anhängern der römisch-katholischen Kirche kam es zu mehrfachen Auseinandersetzungen mit ihnen. Einen Wendepunkt brachte der auf dem Reichstag zu Augsburg 1555 beschlossene Augsburger Reichs- und Religionsfrieden. Er gestand den Anhängern der Confessio Augustana ihre Besitzstände und freie Religionsausübung zu. Zu ihnen gehörten jedoch nicht die Reformierten (Zwinglianer und Calvinisten). Die Bedeutung dieses Religionsfriedens bestand darin, daß der Fürst eines Landes berechtigt war, die Religion für seine Bewohner vorzugeben (ius reformandi, später auch cuius regio, eius religio genannt). Die Bewohner erhielten das Recht, ihr Land zu verlassen (ius emigrandi).

Nachdem die Reformierten Ulrich Zwingli durch seinen frühen Tod 1531 verloren hatten, gewann bei ihnen Johannes Calvin (der Franzose Jean Cauvin, 1509 – 1564) von Genf aus einen sehr starken, prägenden Einfluß. Seine Lehre ist als Calvinismus bekannt. Sie zeigt viele Übereinstimmungen mit Luthers Lehre, aber das Abendmahl wird als Erinnerungsfeier verstanden, während für Luther Christus beim Abendmahl wirklich gegenwärtig ist (Realpräsenz).

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Portrait von Calvin von Titian

Obwohl Calvin eine strenge reformatorische Lehrauffassung vertrat, setzte er sich dennoch für die Einheit der Kirche ein. Daher arbeitete er bei Einigungsversuchen auch mit katholischen Theologen zusammen. Das seit Jahrzehnten erwartete Konzil von Trient (1545–1563) hatte einerseits zu verschiedenen Reformen der römisch-katholischen Kirche geführt, aber sich andererseits scharf gegen die Reformation abgegrenzt. Daher beschränkte Calvin seine Anstrengungen darauf, eine Einigung der evangelischen Kirchen herbeizuführen. Das konnte insbesondere wegen der Abendmahlslehre jedoch nicht gelingen.

Die für die lutherische Kirche maßgeblichen Schriften wurden in dem 1580 erschienenen Konkordienbuch zusammengefaßt: die ökumenischen Symbole oder Glaubensbekenntnisse (Apostolicum[18], Nicaenum[19], Athanasianum[20]), die lutherischen Partikular-Symbole (das Augsburger Bekenntnis[21], der Kleine Katechismus Martin Luthers[22], der Große Katechismus Martin Luthers, die Konkordienformel[23] u.v.a.)[24].

Über das Verhältnis zwischen dem lutherischen und dem reformierten Bekenntnis bildet Brandenburg-Preußen eine anschauliche Entwicklung:

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Johann Sigismund, Kurfürst von Brandenburg (1572-1619)

Markgraf Johann Sigismund von Brandenburg (1572 – 1619) war 1613 vom lutherischen zum reformierten (calvinistischen) Bekenntnis übergetreten und erhob dieses zur Hof- und Beamtenreligion. Allerdings gestattete er seinen Landeskindern, diesen Übertritt nicht nachzuvollziehen (Ausnahme von der Regel cuius regio eius religio). Dennoch kam es immer wieder zu konfessionellen Spannungen. Denn das Herrscherhaus blieb reformiert, dagegen blieben die Landeskinder ganz überwiegend lutherisch.

 

Es fehlte nicht an Versuchen, diesem Zustand abzuhelfen, darunter auch diesen: Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620 – 1688), der Große Kurfürst, berief 1662 ein Berliner Religionsgespräch zwischen lutherischen und reformierten Theologen ein, um die beiden Bekenntnisse einander anzunähern. Es wurde jedoch 1663 ergebnislos abgebrochen.

Erst 1817 (im Jahre des 300. Reformationsjubiläums) setzte eine neue Entwicklung ein: „Durch einen Kabinettsbeschluß von 1817 versuchte der preussische König Friedrich Wilhelm III. Lutheraner und Reformierte in einer unierten Kirche zu vereinen. Viele lutherische Pastoren folgten dieser Anordnung jedoch nicht, sondern folgten weiterhin gemeinsam mit ihren adligen Patronen der lutherischen Agende und verweigerten somit in religiösen Fragen dem König den Gehorsam. Die von Schlesien ausgehende Bewegung fand auch in Pommern, besonders in Kreisen Greifenberg und Cammin eine Vielzahl von Anhängern.

Bis 1840 wurden die Lutheraner nicht vom Staat anerkannt, was neben anderen Gründen zu einer grossen Auswanderungswelle führte. 1845 fanden sie durch Friedrich Wilhelm IV. Anerkennung und erhielten den Namen „Die von der Landeskirche sich getrennt haltenden Lutheraner“. Diese Bezeichnung wurde 1908 durch „Altlutheraner“ [ersetzt]…“[25].

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Alt-lutherische Kirche in Gross Justin, Kreis Cammin

Nach 1817 sind viele pommersche Lutheraner, die sich mit der unierten Kirche nicht abfinden wollten, nach Übersee ausgewandert, insbesondere in die Vereinigten Staaten von Amerika[26].

 

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unterhält z.B. vertragliche Beziehungen zu der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELCA), die 1988 aus dem Zusammenschluß der zwei größten lutherischen Kirchen der USA, der Lutheran Church in America (LCA), und der American Lutheran Church (ALC) hervorgegangen ist.

 

Zurück zur unierten Kirche in Preußen: sie hieß zunächst Evangelische Kirche in Preußen. Infolge vieler politischer Verwerfungen im 19. und 20. Jahrhundert änderte sich ihr Name wiederholt, z.B. in: Evangelische Kirche der altpreußischen Union (EKapU, APU); unabhängige unierte Landeskirche in Altpreußen neben anderen unabhängigen unierten und nicht-unierten Landeskirchen und anerkannten unabhängigen nicht-unierten Kirchen; Evangelische Kirche der Union (EKU), die in der Union Evangelischer Kirchen (UEK) aufging. Als Ergebnis bleibt festzuhalten: der UEK gehören insbesondere unierte bzw. reformierte Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an.

Zu den Altlutheranern: die Evangelisch-Lutherische (altlutherische) Kirche in Preußen war eine lutherische Kirche altkonfessioneller Prägung, die sich auf die altkirchlichen und lutherischen reformatorischen Bekenntnisse berief. Sie war auch in Pommern verbreitet[27]. Sie gehört heute zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK). Die SELK praktiziert eine konservative Traditionslinie lutherischer Theologie.

Daneben gibt es noch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Baden (ELKiB), die nur in Baden besteht[28]. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Baden ist eine lutherische Kirche altkonfessioneller Prägung[29]. Sie ist aus folgendem Grund erwähnenswert: Christen, die aus einer lutherischen Landeskirche wie z.B. aus Württember oder Bayern nach Baden ziehen, sind manchmal verunsichert, wohin sie eigentlich gehören, in eine der sieben Kirchen der ELKiB oder in die Evangelische Landeskirche. Auch das Einwohnermeldeamt kann zur Verwirrung beitragen und ordnet möglicherweise Christen, die als Bekenntnis „evang.-luth.“ angeben, nicht der Evangelischen Landeskirche in Baden zu, die eine unierte Kirche ist und einen lutherischen Bestandteil hat.

Nochmals zurück ins 19. Jahrhundert: den Ausführungen zur unierten Kirche in Preußen und den Altlutheranern ist noch etwas hinzuzufügen. Nach dem Ende der Koalitionskriege (Befreiungskriege) hatte Preußen auf dem Wiener Kongreß (1814/1815) die Gebiete Neuvorpommern und Rügen erhalten, so daß Gesamtpommern nach mehr als 150 Jahren wieder vereint wurde. Die Schrecken der Kriege hatten auch zum Nachdenken über den Glauben beigetragen und führten zu Entwicklungen in kirchlicher Hinsicht. Es entstand ein kirchliches Spannungsverhältnis zwischen den Konservativen und den Anhängern eines rationalistischen Aufklärungschristentums. Die Konservativen sprachen sich für eine Rückkehr zum alten Glauben und zu christlichen Riten aus, die nach ihrer Ansicht durch das Aufklärungschristentum Wesentliches verloren hatten. Diese Rückkehr zum alten Glauben wird als Erweckungsbewegung bezeichnet. Sie fand in Pommern viele Anhänger. Es bildeten sich Erweckungskreise mit Hausandachten und erweckenden Predigten. Die staatliche Kirche verlor während dieser Zeit viele Mitglieder.

Dieser Umstand kann für Ahnenforscher von Bedeutung sein. Wenn sie z.B. bestimmte Personen wie selbstverständlich in Kirchenbüchern der staatlichen Kirche suchen und nicht finden, kann es daran liegen, daß sich die Daten zu diesen Ahnen in anderen Aufzeichnungen befinden.

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Adolf von Thadden-Trieglaff (auch Triglaw) (* Januar 1796 in Berlin; † 25. November 1882), aus Hermann Petrich: Adolf und Henriette von Thadden und ihr Trieglaffer Kreis : Stettin: 1931

Ein bekannter Vertreter der Erweckungsbewegung war der konservative Gutsbesitzer Adolf von Thadden-Trieglaff[30]. Er wurde zum Mittelpunkt der pietistisch-protestantischen Erweckungsbewegung in Pommern. Daneben soll auch an die Belowsche Bewegung (Belowianer) erinnert werden, die ihren Namen von den drei Brüdern von Below herleitet[31]. Ihre stark besuchten Bibel- und Betstunden nahmen teilweise Formen an, die von den örtlichen Pfarrern nicht mehr gutgeheißen werden konnten, wie z.B. Austeilung des Abendmahls usw. Daher traten viele Belowianer aus der Amtskirche aus. Da sie durch ihr Verhalten gegen die religiösen Gesetze Preußens verstießen, gingen auch die staatlichen Behörden gegen sie vor (polizeiliche Überwachung, Bestrafung).

Nachdem sich König Friedrich Wilhelm III. (1770 – 1840) vom Rationalismus abgewandt hatte, entspannte sich die Lage. Er ließ die Überwachung einstellen und beauftragte eine Kommission mit der Untersuchung einer etwaigen Gefahr vonseiten der Belowianer. Die Kommission gelangte zu einem günstigen Ergebnis für die Belowianer. Allerdings mußten sie versprechen, das Wort nicht mehr in öffentlichen gottesdienstlichen Versammlungen der Staatskirche zu ergreifen.

Ein Lehr- und Glaubenszeugnis der Evangelischen Kirche im 20. Jahrhundert ist die Barmer Theologische Erklärung von 1934[32], das theologische Fundament der Bekennenden Kirche in der Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus. Sie wendet sich gegen falsche Lehre (Häresie).

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Gross Schlönwitz, Kreis Schlawe, Wirkungsort von Dietrich Bonhoeffer, Postkarte1912

Ein hervorragender Vertreter der Bekennenden Kirche war der glaubensstarke Theologe Dietrich Bonhoeffe[33]. Er leitete ab 1935 das Predigerseminar der Bekennenden Kirche auf dem Zingsthof in Vorpommern. Das Predigerseminar wurde später nach Finkenwalde verlegt[34]. Weitere Ausweichorte waren in Hinterpommern Groß-Schlönwitz [35] und der in der Nähe gelegene Sigurdshof[36]. Ein ehrendes Gedenken Dietrich Bonhoeffers bewahren nicht nur evangelische Christen durch die Aufnahme seines Gedichtes „Von guten Mächten treu und still umgeben“ in ihre Gesangbücher[37].

Im Verhältnis der lutherischen zu den reformierten Kirchen bedeutete das Jahr 1973 einen Wendepunkt: in der Leuenberger Konkordie, der Gemeinsamen Erklärung zur Kirchengemeinschaft [38], einigten sich die beteiligten lutherischen, reformierten, unierten und vorreformatorischen Kirchen (die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa[39], GEKE) auf eine grundsätzlich gemeinsame Auffassung von Taufe, Abendmahl und Evangelium. Sie erklären darin die gegenseitigen Verwerfungen der Reformation als heute nicht mehr zutreffend. Sie erkennen auch die Ordinationen gegenseitig an, erklären Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und verpflichten sich zur Verwirklichung der Kirchengemeinschaft.

Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) ist der Konkordie nicht beigetreten, da nach ihrer Meinung gerade die lutherische Lehre vom Abendmahl aufgegeben wurde. Selbst innerhalb der Landeskirchen haben lutherische Theologen die Konkordie kritisiert[40].

Die Reformation wird heute vor allem mit Martin Luther in Verbindung gebracht. Es ist jedoch auch an die Zeit vor Martin Luther zu erinnern: als der böhmische Reformator Johannes Hus (um 1369 – 1415) hundert Jahre vor Martin Luther seine Lehre verkündete, war die Zeit dafür bei rückschauender Betrachtung noch nicht reif. Jedenfalls wurde er für seine Lehre 1415 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Aber eine religiöse Gemeinschaft, Böhmische Brüder, auch Mährische Brüder genannt, konnte sich im 15. und 16. Jahrhundert dennoch behaupten. Sie war eine am Urchristentum ausgerichtete Gemeinschaft.

Im Verlaufe der Gegenreformation wurden die Böhmischen Brüder ab 1722 vom Grafen Zinzendorf bei sich aufgenommen und gründeten die Siedlung Herrnhut in der Oberlausitz und stellten sie als Ausdruck ihrer ausgeprägten Religiosität unter die Obhut des Herrn. Die Herrnhuter Brüdergemeinen werden daher auch Evangelische Brüdergemeine oder Brüder-Unität oder Herrnhuter Brüdergemeine oder kurz Herrnhuter oder Brüdergemeine genannt (die alte Schreibweise wird beibehalten, um sie nicht mit den Brüdergemeinden zu verwechseln). Die Herrnhuter Brüdergemeine ist heute assoziiertes Mitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie ist kirchlichen Kreisen durch ihre Losungsbücher bekannt.

  • Von reformierten Bekenntnissen beeinflußte Bekenntnisse

Der Calvinismus erlangte eine starke Verbreitung von der Schweiz in die Niederlande, nach England und Schottland und von dort in das britische Weltreich. Die meisten reformierten Kirchen sind heute in der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen zusammengeschlossen.

Zum größten Zweig der reformierten Kirchen gehören die presbyterianischen Kirchen mit Ursprung in Schottland. Sie werden durch eine bestimmte Art der Kirchenverfassung gekennzeichnet, die auch in anderen reformierten Kirchen vorkommt.

Ferner sind die Baptisten zu nennen. Sie zeichnen sich durch die ausschließliche Praxis der Gläubigentaufe oder Glaubenstaufe aus, da sie die Taufe der Säuglinge ablehnen. Sie betonen auch, daß die Ortsgemeinde für ihr Leben und ihre Lehre selbst verantwortlich ist (Kongretionalismus). Von Großbritannien gelangten sie nach Nordamerika. Man findet sie seit dem 19. Jahrhundert auch in Kontinentaleuropa (Deutschland inbegriffen).

Bei den Methodistischen und wesleyanischen Kirchen (Ableitung von John Wesley) liegt das Hauptgewicht der Theologie nicht auf Meinungen und Lehren, sondern auf Gesinnung und Lebensführung. Die Evangelisch-methodistische Kirche ist am stärksten in den Vereinigten Staaten von Amerika vertreten, aber auch in Deutschland.

Die Anglikanische Kirche nimmt im Kreise der christlichen Bekenntnise eine besondere Stellung ein: Die Kirche von England datiert ihre Geschichte zurück bis in die römische Zeit (iro-schottische Missionierung, katholisch im alten Sinne des Wortes). Sie wurde später Teil der römisch-katholischen Kirche. Als sich der Papst weigerte, die Ehe von König Heinrich VIII. zu annullieren, beschlossen die englischen Bischöfe, die Autorität des Papstes im Königreich England nicht länger anzuerkennen und erklärten 1531, daß ihr König nunmehr Oberhaupt der Kirche sei. Damit wurde die englische Reformation ausgelöst, die jedoch zunächst wenig Änderungen im liturgischen Leben vorsah, abgesehen vom Gebrauch der englischen statt der lateinischen Sprache. Die Kirche von England steht in der Apostolischen Sukzession.

Die Kirche von England ist die Mutterkirche der Anglikanischen Gemeinschaft. Die anglikanischen Landeskirchen sehen sich als Teile der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, die sich der Tradition und Theologie der englischen (und zum Teil schottischen) Reformation verpflichtet haben. Jedoch versteht die anglikanische Kirche ihre Reformation nicht als einen Bruch mit der vorreformatorischen Kirche, sondern als notwendige Reform der römisch-katholischen Kirche der britischen Inseln. Damit ist die anglikanische Kirche sowohl katholische Kirche im alten Sinne des Wortes als auch reformatorische Kirche. Sie hat jedoch seit der Reformation eine eigenständige christlich-anglikanische Tradition und Theologie entwickelt. Ihre Bekenntnisgrundlage, die sogenannten 39 Artikel, enthalten Elemente der reformierten und der lutherischen Lehre. Sie befindet sich auf einem Mittelweg zwischen Katholizismus und Protestantismus.

  • Die Altkatholische Kirche

Abschließend nochmals eine Rückkehr ins 19. Jahrhundert. Es handelt sich jedoch nicht um das Aufgreifen eines der vielen evangelischen Bekenntnisse, sondern um die Altkatholische Kirche (in der Schweiz Christkatholische Kirche).

Zur Erinnerung: auf dem Ersten Vatikanischen Konzil von 1870 wurden in der Dogmatischen Konstitution Definitionen des Jurisdiktionsprimats und der Unfehlbarkeit des Papstes verkündet. Gegen diese Dogmen erhoben römisch-katholische Christen Protest und lehnten sie ab. Daraufhin wurden sie exkommuniziert. Sie nannten sich unter Bezugnahme auf die „alte ungeteilte Kirche des ersten Jahrtausends“ „Alt-Katholiken“, um sich von der aus ihrer Sicht „neuen“ römisch-katholischen Kirche abzugrenzen. Ab 1872 entstanden eigene Gemeinden und Ortskirchen. Die Altkatholiken traten aber nicht in eine evangelische Kirche ein.

Diese Kirchenspaltung hatte sogar schon eine Vorgängerin. Denn seit 1723 besteht die von Rom unabhängige Altkatholische Kirche der Niederlande (De Oud-Katholieke Kerk van Nederland, alter Eigenname: Roomsch Katholieke Kerk van de Oud-Bisschoppelijke Cleresie, Römisch-katholische Kirche der alt-bischöflichen Klerisei). Sie steht in der Apostolischen Sukzession und ist die älteste der in der Utrechter Union zusammengeschlossenen Altkatholischen Kirchen, zu denen auch die Altkatholische Kirche in Deutschland (amtlicher Name: Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland) gehört.

Die Altkatholische Kirche lehnt die Transsubstantiationslehre der römisch-katholischen Kirche ab. Sie versteht die Eucharistie als ein geheiligtes Opfermahl, in welchem die den Leib und das Blut des Herrn empfangenden Gläubigen Gemeinschaft miteinander haben.

  • Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Es gibt christliche Glaubensgemeinschaften, die sich neben der Bibel auf das Buch Mormon berufen. Daher werden sie außerhalb dieser Glaubensgemeinschaften auch als Mormonen bezeichnet. Nach ihrer Überlieferung hat der Prophet Joseph Smith, jr. das Buch Mormon mit darin enthaltenen Offenbarungen 1827 gefunden und übersetzt.

Die größte Kirche dieser Glaubensgemeinschaften ist die seit 1838 bestehende Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints)[41].

Die großen christlichen Kirchen halten die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage wegen der Offenbarungen im Buch Mormon nicht für eine christliche Religion, sondern für eine „eigenständige, synkretistische (aus der Synthese religiöser Ideen entstandene) Neu-Religion[42].

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ist für Ahnenforscher sehr hilfreich. Denn sie kritisiert die in ihren Augen nichtige Säuglingstaufe der großen christlichen Kirchen und lehrt: wer im Erdenleben die gültige Taufe nicht empfangen habe, für den könne diese Handlung durch die Taufe für Verstorbene stellvertretend von einem Lebenden empfangen werden. Ohnehin fehle anderen Kirchen die nötige göttliche Autorität für eine gültige Taufe.

Zahlreiche Angehörige der Kirche betreiben intensive Familienforschung, da sie nach der Lehre ihrer Kirche durch die Taufe für Verstorbene ihren nicht mormonisch getauften Vorfahren zur Errettung verhelfen können, wenn sie deren Namen und Sterbedatum kennen. Sie erhalten Unterstützung durch umfangreiche genealogische Archive. Hier ist insbesondere das Archiv der Genealogischen Gesellschaft von Utah zu nennen, das auch Nichtmitglieder bei der Familienforschung unterstützt (Datenbank Familysearch.org).

  1. April 2016 Dr. Hasso Prahl

 

* Ich widme diesen Beitrag Frau Dr. Margret Ott, die den Anstoß dazu gegeben hat.

[1] Nähere Einzelheiten, s. Margret Ott, Wochenblick, E-Mail vom 22.06.2014, Verweis auf einen Vortrag über Personenstandsregister von Dr. Brakmann, http://www.nhv-ahnenforschung.de/Quellen/Personenstandsregister_Vortrag.pdf.

[2] Nowak, Kurt, Das Christentum, Geschichte, Glaube, Ethik, München 1997, 128 S. Sonderausgabe 2008, Auswahlbibliographie, S. 123 – 128. Der Verfasser, Professor für Kirchengeschichte, gibt einen kurzgefaßten Überblick über die zweitausendjährige Geschichte des Christentums. – Um diesen für Ahnenforscher bestimmten, als Überblick verfaßten Beitrag mit Angaben zu Quellen und Literatur nicht zu überladen, wurde auf Mitteilung von Fundstellen weitgehend verzichtet. Wer nähere Einzelheiten wünscht, wird sie durch Eingabe von Suchworten mühelos im Internet finden.

[3] Stand der Sonne im Frühlingspunkt (im März) und der Frühlingsmond in Opposition dazu.

[4] Übernahme des gregorianischen Kalenders, Liste der Länder und Jahr der jeweiligen Übernahme, s.https://de.wikipedia.org/wiki/Gregorianischer_Kalender.

[5] 1. Korinther 1, 10 – 12.

[6] Kirche: Ableitung von Kyrios, der Herr, also Haus des Herrn.

[7] Jesus Christus: „wahrer Gott vom wahren Gott, … eines Wesens mit dem Vater“, Abdruck: Evangelisches Gesangbuch (EG), 1993, Nr. 805.

[8] Die im Westteil des Römischen Reiches gelegene Kirche, vereinfacht ausgedrückt, zu Rom gehörig, die römisch-katholische Kirche.

[9] EG Nr. 805. Lateinisch: Filioque. In den Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) können bei ökumenischen Gottesdiensten, die gemeinsam mit orthodoxen Christen gefeiert werden, die Worte „und dem Sohn“ entfallen.

[10] Ökumene: „ganze bewohnte Erde“.

[11] Patriarchat des Abendlandes, Patriarchat von Konstantinopel, Patriarchat von Alexandrien, Patriarchat von Antiochien, Patriarchat von Jerusalem.

[12] EG Nr. 804.

[13] Die im Ostteil des Römischen Reiches gelegene Kirche, vereinfacht ausgedrückt, zu Konstantinopel/Byzanz (heute Istanbul) gehörig; orthodoxe Kirchen.

[14] Beispielhaft soll auf die Armenische Apostolische Kirche hingewiesen werden. Denn sie ist die älteste „eigenberechtigte“ (sui iuris) Staatskirche der Welt und führt sich auf eine Apostelgründung zurück. Ferner ist Armenien der älteste christliche Staat der Welt. Da kein Bischof aus Armenien am Konzil von Chalcedon (451) teilgenommen hatte, wurde die dort beschlossene Lehre von der Synode der Armenischen Apostolischen Kirche 506 abgelehnt. Aus diesem Grunde wird die Armenische Apostolische Kirche zu den vorchalcedonischen Orientalisch-orthodoxen Kirchen oder Altorientalischen Kirchen gerechnet.

[15] Wer jedoch Ahnen im früheren Zarenreich Rußland entdeckt, kann sich durchaus veranlaßt sehen, sich mit der Russisch-Orthodoxen Kirche zu befassen. Sie ist zwar einerseits eine autokephale (eigenständige) Kirche, sieht sich aber andererseits als Teil der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche; katholisch ist jedoch nicht als römisch-katholisch zu lesen,sondern wörtlich als allgemein, allumfassend.

[16] Nowak, Kurt, aaO, S. 51.

[17] Papst Leo X. (1513–1521); er exkommunizierte Martin Luther.

[18] EG Nr. 804.

[19] EG Nr. 805.

[20] Das Athanasianum ist wenig gebräuchlich.

[21] Das Augsburger Bekenntnis, deutsch, 1530 – 1980; rev. Text, hg. Von Günther Gassmann, 6. A. Göttingen, 1988; Teilabruck im EG von 1993, Nr. 808.

[22] EG Nr. 806. Der Heidelberger Katechismus der Reformierten folgt im EG unter der Nr. 807 (Auszug).

[23] Die Konkordienformel sollte die Zerwürfnisse beilegen, die nach Luthers Tod entstanden waren. Durch diese Formel wurde jede Annäherung an die Reformierten unmöglich gemacht. Sie gilt nicht in allen evangelisch-lutherischen Kirchen als Bekenntnisschrift.

[24] Die Bekenntnisschriften der Reformation haben in den einzelnen Landeskirchen, die das EG verwenden, unterschiedliche Geltung, s. EG Nr. 803.

[25] Dieses Zitat als Reverenz gegenüber „Cammin“ und Dieter Wallschläger, s. http://www.cammin-pommern.de/die_altlutherischen_kirchenkreis.htm. Prof. H.-D. Wallschläger, Vorsitzender des Heimatkreisausschusses Cammin in Pommern, 1. Vorsitzender „Pommerscher Greif e.V.“

[26] Lesenswert ist z.B. Hannemann, Siegfried: Pommersche Auswanderer am Beispiel des Kreises Regenwalde, in: Der Kreis Regenwalde in Pommern, hg. Heimatkreis Regenwalde, 2009.

[27] Dieter Wallschläger, Die evangelisch-lutherische Kirche (Alt-Lutheraner) in Pommern, http://www.cammin-pommern.de/altlutheraner.htm.

[28] Sie ist nicht zu verwechseln mit der der Evangelisch-Lutherischen Freikirche.

[29] Sie ist nicht zu verwechseln mit der Evangelischen Landeskirche in Baden, die eine unierte Kirche ist.

[30] 1796 – 1882; Gut Trieglaff im Landkreis Greifenberg. Adolf von Thadden-Trieglaff schloß sich 1848 den Altlutheranern an.

[31] Die Güter der drei Brüder (sie lebten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts) lagen an den Grenzen der Landkreise Schlawe und Stolp.

[32] Abdruck im EG Nr. 810.

[33] * 04.02.1906, † 09.04.1945, hingerichtet.

[34] Finkenwalde, Landkreis Randow, 1939 nach Stettin eingemeindet.

[35] Landkreis Schlawe.

[36] Nähere Einzelheiten: Margret Ott unter https://www.pommerscher-greif.de/tag/sigurdshof/ und http://www.v-kleist.com/Wendisch-Tychow/tychowbuch88.htm.

[37] EG Nr. 65 und (neues römisch-katholisches) Gotteslob (GL) Nr. 430 (vorher schon im Regionalteil Würzburg des alten GL).

[38] EG Nr. 811.

[39] Die methodistischen Kirchen Europas sind eingeschlossen.

[40] Auch die meisten evangelischen Freikirchen, z.B. Adventisten und Baptisten, und die in der Reformationszeit entstandenen Mennoniten sind nicht beteiligt. Mit den Baptisten ist inzwischen eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet worden.

[41] Nähere Einzelheiten, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Kirche_Jesu_Christi_der_Heiligen_der_Letzten_Tage.

[42] Horst Reller (Hrsg.): Handbuch religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen. Im Auftrag der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Gütersloher Verlagshaus, 2000.