Geister und Aberglauben in Pommern

Auf eine außerordentliche Karte wurde in der Mailingliste der Stolper Familienforscher hingewiesen:
„Eine neue und umfassende geografische Beschreibung übernatürlicher Phänomene in Polen und Deutschland“
Teufel, Geister, wilde Jäger, Gnome, Irrlichter, Riesen, Drachen, Meerjungfrauen, Gespenster, Werwölfe, Erscheinungen und Alpträume, basierend auf volkstümlichen Quellen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, wurden in einer geografischen Datenbank zusammengestellt und daraus wurde eine sehenswerte Karte im Maßstab 1:720.000 erstellt. Die Karte kombiniert GIS- und Linolschnitttechniken mit grafischen Symbolen, die von der Renaissancekartografie inspiriert sind, einschließlich dekorativer Kartuschen und Vignetten. Sie uerfasst auch Vorpommern.
Der englische Artikel mit vielen Quellenangaben auf https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17445647.2024.2434015
Direkter Download der Karte https://ndownloader.figstatic.com/files/51106106 (png Datei mit 113 MB)

Robert Holsten : Pommersche Flurnamen

Robert Holsten aus: Baltische Studien (Neue Folge, Bd. 34, 1932)

Robert Holsten (* 20. Mai 1862 in Langenhanshagen; † 13. Dezember 1954 in Greifswald) war ein deutscher Pädagoge und Volkskundler. Er arbeitete als Lehrer in Stettin und Pyritz und dann als Volkskundler an der Universität Greifswald.
Er veröffentlichte viel über den Weizackerkreis Pyritz und sammelte systematisch Flurnamen aus ganz Pommern.
1942 sollte diese Sammlung als Ehrung für den damals 8O-jährigen gedruckt werden, aber durch Kriegseinwirkung wurde der gesamte Satz vernichtet. Auf Grund erhalten gebliebener Handabzüge hat die Historische Kommission für Pommern das Werk 1963 als Nachdruck veröffentlicht:
Die pommersche Flurnamensammlung, Holsten, Robert, Erschienen: Köln; Graz: Böhlau, 1963, Historische Kommission für Pommern: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern / 5 ; 6
Diese Veröffentlichung ist noch durch das Urheberrecht geschützt. (mehr …)

Prosit Neujahr

Teesammlerinnen in Pribslaff

Das Neue Jahr ist schon einige Tage alt und der Sekt, mit dem wir darauf angestoßen haben, längst verdaut. Jetzt soll es um ein Getränk ganz anderer Art gehen – Kräutertee.

Der Prediger zu Budow Georg Gotthilf Jacob gab ab 1828 die „Flora von Pommern“ heraus, eine „Beschreibung der in Vor- und Hinterpommern sowohl einheimischen als auch unter freiem Himmel leicht fortkommenden Gewächse; nebst Bezeichnung ihres Gebrauches für die Arzenei, Forst- und Landwirthschaft, Gärtnerei, Färberei u.s.w., ihres etwanigen Nutzens oder Schadens“.

Eintrag zu Georg Gotthilf Jacob Homann in Deutsches Geschlechterbuch, 16. Band, 1910, S. 277

Das Buch listet 19 verschiedene Gewächse in Pommern auf, aus denen sich Tees mit heilenden Wirkungen brauen lassen, von drei verschiedenen Sorten Minze über die Sumpf-Spierstaude bis hin zur Schafgarbe. Letztere sammelte meine Großmutter noch bis ins hohe Alter wie einst meine Urgroßmutter in Pribslaff und hängte sie zum Trocknen an der Gardinenstange auf. Die gute Meta wurde über 100 Jahre alt, deswegen habe auch ich mir jetzt ein Tütchen gekauft und hoffe auf Wirkung. In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein gesundes Jahr! 

Stadtpläne aus Pommern 20. Jahrhundert

Im letzten Jahr haben wir in loser Folge Links zu pommerschen Stadtplänen aus dem 20. Jahrhundert veröffentlicht, die wir hier als Zusammenfassung veröffentlichen.

Stadtplan Belgard 1937

http://maps.mapywig.org/m/City_plans/Central_Europe/PLAN_DER_STADT_BELGARD_5K_1937.jpg

Stadtplan Bütow

Stadtplan Bütow vor 1945, mit Liste der Straßennamen in deutsch-polnisch
https://grosstuchen.de/buetow_plan.htm

Stadtplan Deutsch Krone – Wałcz
Quelle: Deutsch Krone, Grenzmark Posen-Westpreußen; Ein Führer durch die Stadt und ihre Umgebung“
von Bürgermeister Adolf Sperling, 1937

Straßenverzeichnis dazu auf
http://www.deutsch-krone.com/maps/dk-verz.jpg

Stadtplan Dramburg – Drawsko Pomorskie
In sehr hoher Auflösung:
http://maps.mapywig.org/m/City_plans/Central_Europe/Dramburg_2.5K.jpg (mehr …)

Ein Lehrerschicksal in Schivelbein

Das Lehrerdasein war zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht einfach. Trotz fundierter Ausbildung in Lehrerseminaren konnten sich viele Lehrer nur mit ihrem Gehalt finanziell nicht über Wasser halten und waren auf Zusatzjobs, z.B. als Kantoren, angewiesen. Dies galt umso mehr für Lehrer außerhalb staatlicher Schulen und ganz besonders für jüdische Pädagogen.

Die Geschichte von Siegmund Saul, der mehr als 30 Jahre Lehrer und Kantor der Synagogengemeinde Schivelbein war, ist exemplarisch für viele jüdische Lehrer in Pommern. Als Vorsitzender des „Vereins israelitischer Lehrer und Kantoren in Pommern“ kämpfte er engagiert für eine Verbesserung der Versorgung jüdischer Lehrer – leider mit geringem Erfolg.

Trotz aller finanziellen Widrigkeiten schafften die Kinder der Familie Saul den gesellschaftlichen Aufstieg, vom Getreidehändler in Dresden, Postinspektor in Münster bis hin zum berühmten Musikpädagogen in Schweden. Zwei Söhne fielen im Ersten Weltkrieg für Deutschland. Und nur drei ihrer Kinder überlebten die Verfolgung durch die Nationalsozialisten.

Die Geschichte der Familie Saul erzähle ich in einem neuen Beitrag in meinem Ahnenblog: Der Kultusbeamte von Schivelbein

Siegmund und Emma Saul, mit bestem Dank an Marit Kihlman

Lesestoff in der Adventszeit

Alwine Wuthenow
Advent
Mit witten Newelkappen
Stahn allwegs jitzt de Böm
Un snacken drunner listing
Vun ehre Wiehnachtsdröm.
Dörch ’t Rohr, dor geiht son Tuscheln,
Dat is de Wind nich blot,
Dat is en heimlich Freuen,
En Lust, so still, so grot.
De heilig Christ will kamen,
Gewiß! Hei kümmt all ball;
So’n hoges Athenholen
Verspör ik äwerall. …

Kirchenfenster in Spantekow, LK Vorpommern-Greifswald von onnola auf Flickr,
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/

1. Quempas
In unserem ersten Jahr hier im Blog, 2022, berichteten wir über den Quempas, eine Weihnachtssitte, die sich im Heimatkreis Rummelsburg erhalten hatte
https://www.pommerscher-greif.de/quempas/ (mehr …)

Kochunterricht auf dem Lande

Auf dem Lande erscheinen die Winterabende länger und dunkler, als in der Stadt. In den kürzesten Tagen hört die Arbeit schon um 4 Uhr auf, ebenso aller Verkehr außerhalb der Häuser. Nur die wenigen Leute, denen die Wartung des Viehes anvertraut ist, begeben sich nach den Ställen. Die meisten verlassen die Wohnungen gar nicht mehr. Lange, freie Stunden stehen dann den halberwachsenen Kindern, den jungen Burschen und Mädchen, die keine Arbeit im Haushalt haben, zur Verfügung. Wie schön könnten sie diese Stunden zur Erlernung allerlei guter und nützlicher Dinge verwerten! Leider ist das nur selten der Fall.

Titelseite des Stargarder Kochbuchs, Stargard 1902, online auf https://www.digitale-bibliothek-mv.de/viewer/image/PPN797935843/

Laßt uns die 6 Mädchen begleiten, Kinder von 13—14 Jahren, die sich im letzten Dämmerschein des Tages von ihren elterlichen Wohnungen zum herrschaftlichen Haus begeben. Sie gehen zur Kochstunde!
In der geräumigen Küche empfängt sie die freundliche Wirtschafterin, Mamsell genannt, die, das klappernde Schlüsselbund als Zeichen ihrer Würde im Gürtel, am Herde schafft, die verschiedenen Mädchen anstellt und in Kellern und Vorratsräumen waltet. Die Kinder bleiben verlegen an der Tür stehen. „Nun, was werden wir heut kochen?“ meint Mamsell. Ein glückliches Lächeln erhellt die Kindermienen. Eine andere Antwort scheint sie nicht erwartet zu haben, denn sie gibt selbst die Auskunft: Griessuppe und gelbe Rüben!
Schnell werden die Kinder angestellt. Zwei von ihnen putzen und schneiden die Rüben, nachdem sie sich vorher in der Blech-Waschschüssel die Hände gesäubert haben. Zwei holen Wasser von der Pumpe vor der Haustür, zwei andere Torf und Holz aus dem nahen Holzstall. Dann wird eine einfache Gries-Wassersuppe bereitet. — Gleichzeitig herrscht in der Küche reges Leben und Treiben. Zwei Mädchen rüsten sich, um im Kuhstall zu melken. Laternen werden dazu angesteckt, Milchkannen und Eimer auf einen kleinen Handwagen geladen und, begleitet von einigen Frauen, geht es rasselnd über den Hof zum Kuhstall. In einem großen Kupferkessel kocht die Leuteköchin die Kartoffeln für die Knechte, die mit dem Salzhering ihren Abendimbiss bilden. Gärtner- und Stallburschen melden sich zum Abendbrot, und andere Mädchen waschen das Kaffeegeschirr der Herrschaft ab. Auch die Hausfrau kommt in die Küche, besonders um die Arbeit der kleinen Köchinnen zu beobachten.
Die Kinder grüßen sie mit freundlichem: „Guten Abend! Sie unterhält sich mit ihnen. Die eine hat ein krankes Schwesterchen, nach dessen Befinden sich die sorgliche Hausfrau erkundigt. Die andere bringt ein Buch aus der Volks- Leih-Bibliothek, dass ihr Vater gelesen hat, und erbittet ein anderes dafür. Dann kostet die Herrin die Griessuppe, die die Kinder etwas gesüßt haben, und erlaubt der Mamsell, einige kleine Rosinen daran zu tun. Die Rüben werden besichtigt. Sie kochen lustig auf hellem Feuer. Zwei Kinder holen unterdessen 6 Blechteller und Löffel aus dem Küchenschrank und stellen sie auf einen kleinen Tisch bereit.
Die Rüben sind gar. Während die Mamsell die Sauce bereitet, stehen die Kinder mit langen Hälsen um den Herd, eifrig in den Tiegel blickend. Abwechselnd dürfen sie dann die kleine Rührkelle regieren. Nun ist die Mahlzeit fertig und wird aufgetragen. Mit herzhaftem Appetit machen sich die kleinen Köchinnen daran, die selbstzubereiteten Speisen zu verzehren. Es bleibt kein Krümchen übrig. Während des Essens ist ein Topf mit Wasser auf dem noch lebhaften Feuer heiß geworden. Damit wird nun das Geschirr abgewaschen. Eifrig holen die Kinder die Abwaschwannen herbei, waschen, spülen und trocknen Teller, Löffel und Schüsseln und stellen alles wieder im Schrank zurecht. Auch die Kochtöpfe werden gereinigt, wobei das Küchenmädchen bereitwillig hilft. Mit freundlichem „Gute Nacht“ verabschieden sich die Mädchen von der Mamsell und eilen in vollständiger Dunkelheit nach Hause. —
So kommen diese Kinder während der Wintermonate alle acht bis vierzehn Tage einmal, wenn die Mamsell Zeit tat und nicht durch Bäckereien, Schlächtereien und andere Arbeiten von diesem Liebesdienst an den Kindern abgehalten wird. Freilich gehört etwas freundliche Gesinnung dieser vielbeschäftigten ersten Dienerin des ländlichen Haushaltes dazu, um diese kleine Aufgabe zu übernehmen, wenn auch das Geschenk, das ihr die Gutsherrin dafür verspricht etwas lockt. Sie lehrt die Kinder die verschiedensten Wassersuppen kochen, ferner Eierspeisen, Kartoffelgerichte und einige Gemüse, lauter einfache Sachen, deren Zutaten auch im kleinen Tagelöhner Haushalt zu bekommen und zu bezahlen möglich sind. Wenn diese Kinder später ihren eigenen Hausstand besorgen, so werden die erlernten Speisen eine wohltuende Abwechselung in die einförmige Kost bringen. Die fast ausschließliche Ernährung durch Kartoffeln, Brot und Speck ist wohl schuld, daß die Landleute, trotz der sonst so gesunden Lebensbedingungen, vielfach krank und schwächlich entwickelt sind.
Von großem Vorteil wäre es, wenn durch solchen Kochunterricht, in dem die Bereitung des Gemüses gelehrt wird. auch Gemüsebau in den Gärten der Landleute eingeführt würde. Dort macht sich jetzt die Kartoffel gar zu breit. Die verschiedenen Gemüse aber würden die Kost so viel gesunder gestalten. In den Ortschaften, wo dem Lehrer ein Stückchen Land zur Verfügung steht, auf dem er den älteren Kindern der Schule Beete anweist und sie unter seiner Leitung bearbeiten läßt, wird sich auch der Gemüsebau dadurch fördern lassen.

Aus: Grimmer Kreis-Kalender (1905)