Ein Beitrag von Jürgen Löffelbein

Wer sich mit DNA-Genealogie und DNA-Matchen beschäftigt hat, kennt das Problem, Matchpartner gibt es fast nur in Amerika und die haben häufig keinen, nur einen sehr kurzen, fehlerhaften oder gesperrten Stammbaum.

In meinem folgenden Beispiel möchte ich zeigen, wie ich ein solches Problem lösen konnte. Dabei geht es nicht um meine pommerschen Vorfahren, sondern um die schlesischen meiner Frau. Sie ist eine geborene Molter. Ihre Eltern und Molter-Großeltern wurden in Breslau geboren.

Durch noch vorhandene Adressbücher ist bekannt, dass ihr Ur-Großvater Johann Molter um 1890 nach Breslau gekommen und dort um 1923 gestorben ist. Bekannt ist noch, dass sein Sohn, der Großvater meiner Frau,1891 in Breslau geboren wurde. Durch den vorhandenen StA-Eintrag kennen wir nur die Namen seiner Eltern. Da die StA-Unterlagen von Breslau sehr unvollständig sind, konnte ich keinen Heirats- oder Sterbeeintrag von den Urgroßeltern finden und damit auch keine Angaben über Geburtsort, Geburtsdatum oder Alter bekommen. Somit ein toter Punkt im Stammbaum. Beim Stammbaum meiner Frau ist das Problem, dass es dort weitere tote Punkte um ca. 1890 gibt, uns darum viele mögliche Familiennamen vor dieser Zeit für eine Zuordnung von Matchen fehlen. Damit ist nicht bekannt, nach welchen Familiennamen gesucht werden soll.

Bei der ersten Sichtung der Matche habe ich bei mehreren in Kanada lebenden Matchpartnern als Herkunftsort der Vorfahren Zichydorf (spätere Namen Zichyfalva und Mariolana), ein Ort in Österreich-Ungarn, im Banat, im heutigen Grenzgebiet zwischen Serbien und Rumänien oder auch nur Österreich-Ungarn bzw. Ungarn, gelesen.

Die größte Übereinstimmung wurde mit 110 cM beim Match Marshal ermittelt. Ihr Stammbaum enthält aber nur 7 Personen. Mit Hilfe der Funktion „gemeinsame Matche“ habe ich ihren Bruder, den Match Shumate, gefunden und gesehen, dass es bei den beiden auch eine Verbindung zu unserem Matchpartner Oriold (61 cM) gibt.

Der Stammbaum von Shumate ist eine Generation länger und beinhaltet für die Großmutter den Geburtsort „Sichifavla, Hungary“.

Als ich mich auf Zichydorf in mehreren anderen Matchen besinne und im Internet nach diesem Ort suchte, hatte ich Glück (was man bei der Familienforschung besonders braucht). Von Zichydorf gibt es ergiebige genealogische Unterlagen, sogar ein Ortsfamilienbuch und eine eigene Internetseite, die von einer Gruppe von Familiengeschichtsforschern erstellt wurde, die alle einen Familienzweig haben, der aus Zichydorf und den umliegenden Dörfern im Banat in Österreich-Ungarn kommt. Viele davon leben in Kanada.

Im OFB Zichydorf finde ich die im Stammbaum von Shumate angegebene Großmutter Maria Burghart und ihren Vater Anton Burghart, auch den Familiennamen Oriol sowie als besondere Überraschung Antons Ehefrau nicht als Maria Muelter, sondern Maria Molter, geboren am 22.04.1863 in Zichydorf.

Das weitere ist Routinearbeit. Maria hatte einen Bruder, Johann Molter, geboren am 24.10.1857 in Zichydorf, das ist der Urgroßvater meiner Frau.

In Zichydorf konnte ich mehrere Molter-Familien ermitteln. Der Ur-Großvater meiner Frau wurde dort 1857 geboren. 2 seiner Geschwister sind nach Kanada ausgewandert und haben heute dort und in den USA lebende Nachkommen. Der Stammbaum meiner Frau geht jetzt bei diesem Familienzweig bis ins 18. Jahrhundert zurück. Ihre Vorfahren sind nach der Vertreibung der Türken als Siedler um 1750 in den Banat gekommen.

Der Familienname Molter hat seinen Ursprung im Raum Saarland und Rheinland-Pfalz, es gibt ihn dort sehr häufig. Jetzt suche ich ihre Spur dort.

Die Verbindung zu meinem Match Oriold konnte ich auch lösen. Er hat mit meiner Frau gemeinsame Ur-Ur-Großeltern und ist somit Cousin 3. Grades von meiner Frau und meinen Matchen Marshal und Shumate.

Zu mehreren weiteren Matchpartnern habe ich über die Funktion „gemeinsame Matche“ weitere Informationen aus anderen Stammbäumen ausgewertet und gesammelt sowie deren Stammbäume mit Hilfe der Daten im OFB Zichydorf bis um 1800 erforscht. Auf einmal waren mehrere Knoten gelöst und es ergaben sich über weitere 2 Generationen verteilt mehrere echte Matche mit den Ur-Ur und Ur-Ur-Ur-Großeltern meiner Frau als gemeinsame entfernte Vorfahren.

Bei meinen Mails an amerikanische Familienforscher benutze ich immer die dort nicht übliche Form „Many greetings from Germany“ und bekomme fast immer eine Antwort. Sie antworten ihrem „Cousin aus Old Germany“ und sie bieten häufig ihre Hilfe an. Aber es ist eigendlich immer umgekehrt. Von mir erhalten sie Daten aus Kirchenbüchern, die sie nicht kennen/auswerten/lesen können. Aber dafür habe ich Verständnis, ich habe auch Probleme bei der Suche in Amerika.

 

3 Gedanken zu “DNA-Matche aus den USA helfen bei der Überwindung eines toten Punktes”

  • Hallo Jürgen, na das ist ja ein 6er im Lotto gewesen! Glückwunsch. Ich selber hatte auch das Glück in einer Pommern Familie eine Generation zurück zukommen (vermutete Verbindung, die dann durch DNA auch höchstwahrscheinlich wurde), und durch einen Australier, konnte ich meinen Spitzenahn im Posener Raum verifizieren… Es dauerte eine Weile bis entsprechende Forscher Tests machten, aber das Warten hatte sich gelohnt. Kann auch nur jedem empfehlen bei einem der Größten Anbieter für Deutsche (ohne Werbung betreiben zu wollen) den Test machen zu lassen und dann bei GEDMATCH hochzuladen.

  • Das ist wirklich faszinierend!
    Ich habe den Artikel per Zufall entdeckt – ich habe auch einen Familienteil „Molter“ aus Rheinland-Pfalz sogar und bisherige Recherchen zeigen (so sie korrekt sind), dass mein Ururgroßvater in RLP geboren, zwischenzeitlich nach Dutch Pennsylvania ausgewandert, dort seine Frau geheiratet hat (die scheinbar extra für die Hochzeit die Reise angetreten hat) und dann einige ihrer Kinder aber hier in Deutschland bekamen und nur ein oder zwei in Dutch Pennsylvania.
    Weitergekommen bin ich an dem Punkt jedoch noch nicht.

    Vielleicht sind „unsere“ Molter ja verwandt!?

  • Eine tolle (da einfach verständlich) Erläuterung, wie konkret man DNA Auswertungen benutzen kann, um weiter zu kommen.
    Herzlichen Dank dafür. Und es stimmt, manchmal hilft nur noch das Glück weiter!

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