Bei uns hieß es Fastelowend
Georg Peinemann im Pommernbrief 20.2.1954
Am Fastnachtstage war bei den Kindern in Pommern früher die Hippel, ein gabelförmiges Instrument, ein wichtiger Gegenstand.
Es begann nach der Schule. Einzeln und in Gruppen zogen die Kinder straßauf, straßab, lustig ihre Hippeln schwenkend. Die Ladenglocken kamen nicht zur Ruhe, die Ladeninhaber und ihre Gehilfen noch viel weniger. Ich habe noch heute den leiernden Klang der Hippelverse im Ohr und im Herzen:
Hippel, di pippel,
die Wurst hat zwei Zippel,
der Speck hat vier Ecken,
das muß man so schmecken.
Dieses bescheidene Sprüchlein, in dem nur angedeutet. nicht gefordert wird, hörten vorwiegend die Fleischer einige dutzendmal am Tage. So manche Blut- und Leberwurst mußte daran glauben.
Ich bin ein kleiner König,
gib mir nicht zu wenig,
laß mich nicht so lange stehn,
ich will noch ein Häuschen weitergehn.
Hier wird schon klipp und klar gesagt, worauf es ankommt. Überall erklang dieser Hippelvers. Beim Bäcker, beim Lebensmittelkaufmann, beim Drogisten und beim Buchhändler. Jeder spießte etwas auf die Hippel. Es gab auch noch einen plattdeutschen Vers, in dem unmißverständlich die Folgen vom Geben oder Nichtgeben zum Ausdruck kamen.
Fastelowend, Fastelowend,
mi’m witten Schimmel,
wer mi wi!.t giwt, de kömmt inn Himmel,
wer mi nischt giwt, de kämmt Inne Höll,
dor steiht de Düwel mit de iserne Keil!
Wie so eine Hippe! nach erfolgreichem Hippelgang aussah? Bunt! Blutwurst, saure Gurken, Apfelsinen und Zitronen, Fastnachtsbrezeln und Speck wechselten in bunter Folge köstlich anzusehen. Ein saftiges, duftendes Durcheinander. Mein Freund und Hippelgenosse sagte damals zu Hause zu mir: Mensch, Dicker, das Hippeln macht ja Spaß, aber wenn ich an das Aufessen hinterher denke, dann wird mir janz schlecht. Das war natürlich gar kein Problem. Freunde helfen sich ja bekanntlich gegenseitig – und ich war schon vor fünfzehn Jahren ein sehr guter Esser.
Ich musste sofort an meine verstorbene Mutter und an meine Tante denken, die oft die Verse aufgesagt haben. Wir kamen aus Wollin/Pom. Es ist sehr schön, daran erinnert zu werden.
Was für ein schöner Artikel. Auf diese Weise habe ich wieder etwas über die Heimat meiner Eltern gelernt. Gleichzeitig habe ich heraus gefunden, dass ein Hippelvers auch in meiner Kindheit wichtig war. Dort in Hessen, wo ich augewachsen bin, ging man nicht in der Karnevalszeit von Haus zu Haus. Aber am Nikolausabend ging man verkleidet los und ich habe immer den Spruch vom kleinen König aufgesagt.