Seit 2023 ist die Archivsparte des Demminer Heimatverein e.V. für die Betreuung des ehemaligen Demminer Museumsbestandes zuständig. Bei der Sichtung von verschiedenen Archivalien bin ich auf insgesamt 18 Herrenportraits aus Stettin gestoßen, wo die Herkunft unklar ist. Ursprünglich waren in dieser Bestandsgruppe 22 Fotografien vorhanden, leider wurden im Laufe der Zeit 4 Stück für Ausstellungszwecke entnommen, welche vermutlich nach der Schließung des Museums einen anderen Ablageort fanden. Glücklicherweise sind alle Portraits mit Namen und teilweise auch Spitznamen versehen, sodass eine Recherche erfolgreich scheint.

Zu Beginn schaute ich mir die Fotografien einzeln an. Allesamt ähnlich, abgebildet sind verschiedene Herren mittleren Alters. Die Fotografien wurden – bis auf eine Ausnahme – beim Fotografen P. Bock in Stettin, Breitestr. 29, 30, Hotel 3 Kronen aufgenommen. Die Ausnahme bildet hier die Fotografie von einem Herrn Hintze, welche beim Fotografen Kutschke in Dramburg aufgenommen worden ist.

Zum Fotografen Paul Bock fand ich auf der Internetseite Zaklady Fotograficzne Stettin¹ die Information, dass Paul Bock von 1889 bis 1893 im Hotel Drei Kronen sein Atelier hatte. Geht man nun bei den abgebildeten Personen von einem Durchschnittsalter von 35-45 Jahren aus, ergibt dies ein ungefähres Geburtsdatum zwischen 1844-1854.

Die 18 Fotografien sind wie folgt beschriftet (Spitznamen mit Anführungszeichen versehen):

  • „Bülow“ Kapcke, Stettin
  • „Carlin“ Steinberg, Dramburg
  • „Dicker“ Sakelselinsky, Berlin
  • „Fis.“ Krahn, Greifswald
  • „Kion“ Müller, Wollin
  • „Minister“ Manteuffel, Stettin
  • „Papst“ Hildebrandt, Eisleben
  • „Pestalozzi“ Franz Gebhardt, Redmitz Franz Augub. Krossen
  • „Peter“ Hintze, Dramburg
  • „Pipinchen“ Sack, Bredow
  • „Quoden“ Erdmann, Pölitz
  • „Storch“ Otto, Swinemünde
  • „Tucker“ Treu, Stettin
  • „Ziege“ Engel, Gr. Mellen b. Daber
  • Beckmann, Stettin
  • Grutke, Grabow a, O.
  • Latz, Grünhof b. Stettin. (Anm: Seminarlehrer in Pölitz?)
  • Lenz, Nörenberg

Die Beschreibung bei Bild Nr. 17 liefert den wertvollen Hinweis, dass es sich um Lehrer handeln könnte. Die Spitznamen lassen eine freundschaftliche Verbindung zwischen den Personen vermuten. Wohlmöglich waren alle Personen im gleichen Jahrgang eines Lehrerseminars? Vielleicht gab es zwischen 1889-1893 ein Absolvententreffen im Hotel Drei Kronen in Stettin?

Ich fügte alle Erkenntnisse zusammen und kontaktierte Britta Kertscher, welche seit Oktober 2008 das Projekt „Pommersche Lehrer“ leitet. Vom Stolper Heimatkreis e.V. wurden mit finanzieller Unterstützung des Pommerscher Greif e.V. zahlreiche Materialien zu pommerschen Lehrern gesammelt und ausgewertet.

Kurze Zeit später erhielt ich schon einen Anruf von Britta. Tatsächlich handelt es sich bei den 18 genannten Personen um einen Jahrgang eines Lehrerseminars aus Pölitz! Britta stellte freundlicherweise alle verfügbaren Informationen zusammen, sodass nun die Lebensdaten bekannt sind. Vielen Dank!

Nachfolgend aufgeführt sind die Einzelportraits mit den jeweiligen Lebensdaten.

  1. Kaapke, Johann Carl Heinrich Erdmann, geboren am 12.07.1843 in Woistenthin, Kr. Cammin. Sein Vater war Küster und Lehrer in Woistenthin Kr. Cammin. Vorbildung erhielt er in Henkenhagen bei Lehrer Müller, ein 3/4 Jahre beim interimistischen Lehrer in Drewitz bei Gülzow. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862-08.04.1865. Danach war er Lehrer in Anklam.

    Johann Carl Heinrich Erdmann Kaapke
  2. Steinberg, Friedrich Wilhelm, geboren am 26.09.1843 in Wedeldorf, Kr. Saatzig, Vater Eigentümer in Wedeldorf, Kr. Saatzig. Vorbildung erhielt er in der Oberschule zu Dramburg und war ein halbes Jahr Hilfslehrer in Dieterdorf bei Holdenburg. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Die Abschlussprüfung hat der bestanden. Danach war er Lehrer in der Elisabethschule zu Stettin, dann zweiter Lehrer in der Übungsschule am Seminar Pölitz im Anschluss am Seminar Pölitz.

    Friedrich Wilhelm Steinberg
  3. Sakelselinsky, Gustav Franz Adalbert, geboren am 24.10.1842 in Libbehn, Kr. Pyritz. Sein Vater Küster und Lehrer in Libbehn Kr. Pyritz. Vorbildung in Sandow durch Lehrer Biesenthal und 1 1/2 Jahre Hauslehrer. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Die Abschlussprüfung hat der bestanden, danach war er Lehrer an der Schule zu Züllchow, Kr. Stettin. Zuletzt lebte er in Berlin, wo er am 18.04.1824 verstarb.

    Gustav Franz Adalbert Sakelselinsky
  4. Krahn, Carl Friedrich, geboren am 29.09.1842 in Güntersberg, Kr. Saatzig. Sein Vater war Küster und Lehrer in Güntersberg Kr. Saatzig. Die Vorbildung erhielt er durch den Vater. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. War zunächst als Hauslehrer tätig. 1903 dann Lehrer an der Knaben-/Bürgerschule zu Greifswald.

    Carl Friedrich Krahn
  5. Müller, Gustav Emanuel, geboren am 25.02.1844 in Podejuch, Kr. Randow. Sein Vater war Küster und Lehrer in Lindow, Kr. Greifenhagen. Die Vorbildung erhielt er in Barnimslow beim Lehrer Müller und 1/2 Jahre beim interimistischen Lehrer, sowie 1/2Jahr als Hauslehrer. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Nach der Seminarausbildung in Wollin.

    Gustav Emanuel Müller
  6. Manteuffel, August Bernhard, geboren am 21.02.1841 Kehrberg, Kr. Greifenhagen. Sein Vater war Schäfer in Selchow, Kr. Greifenhagen. Die Vorbildung erhielt er in Selchow bei Lehrer Kreusch und 1 1/2 Jahre Hauslehrer. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Danach war er Lehrer an der I. Gemeindeschule in Stettin.

    August Bernhard Manteuffel
  7. Hildebrand, Carl Heinrich Hugo, geboren am 18.10.1842 in Stecklin, Kr. Greifenhagen. Sein Vater war Küster und Lehrer in Stecklin, Kr. Greifenhagen. Die Vorbildung erhielt er bei seinem Vater, sowie 2 Jahre als Hauslehrer. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Nach dem Seminar war er Lehrer in Garz a.d. Oder.

    Carl Heinrich Hugo Hildebrand
  8. Gebhard, Franz August Bernhard, geboren am 30.01.1840 in Klein Schönfeld Kr. Greifenhagen. Sein Vater war Küster und Lehrer und ist 1850 verstorben. Die Vorbildung erhielt er in Crampe bei Lehrer Dittmer, dann 1/2 Jahr Hauslehrer, 1 Jahr beim interimistischen Lehrer in Neu Cörtnitz. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Nach bestandener Abschlussprüfung war er Lehrer in Rosenfelde bei Greifenhagen.

    Franz August Bernhard Gebhardt
  9. Hintz, Michael Friedrich Wilhelm Heinrich, geboren am 29.09.1843 Strelowhagen, Kr. Naugard. Sein Vater war Bauer in Strelowhagen, Kr. Naugard. Vorbildung erhielt er in Strelowhagen beim Lehrer Dürrwal, dann 2 Jahre Hauslehrer. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865.

    Michael Friedrich Wilhelm Heinrich Hintz
  10. Sack, Carl August Ferdinand, geboren am 19.11.1842 in Neumark, Kr. Greifenhagen. Sein Vater war Gutsmüller in Neumark Kr. Greifenhagen. Die Vorbildung erhielt er in Babbin beim Pastor Rodenwald, im Anschluss war er 3/4 Jahr Hauslehrer, danach 3 Jahre beim interimistischen Lehrer in Bisnow Kr. Greifenhagen. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Danach war er Lehrer in Bredow bei Stettin. Laut Auskunftsbuch von 1903 war er dann Rektor an der 33. Gemeindeschule zu Stettin.

    Carl August Ferdinand Sack
  11. Erdmann, Otto Friedrich Wilhelm, geboren am 17.12.1844 in Zachow Kr. Regenwalde. Sein Vater war Wirtschaftsinspektor in Lessentin Kr. Regenwalde. Die Vorbildung erhielt er beim Bruder in Lessentin und 1/2 Jahr Hauslehrer. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Im Anschluss war er Hilfslehrer am Seminar zu Pölitz bis Ostern 1868, dann Lehrer und Küster in Lessenthin bei Wangerin. 1874 ist er immer noch in Lessenthin Lehrer und Küster.

    Otto Friedrich Wilhelm Erdmann
  12. Otto, Friedrich Bogislav Richard, geboren am 30.10.1842 in Zarben bei Treptow a. R., Kr. Greifenberg. Sein Vater war in Zarben Küster und Lehrer und ist 1850 gestorben. Die Vorbildung erhielt er in Langenhagen durch Lehrer Kaliebe, 1 Jahr Hauslehrer. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Im Anschluss war er Lehrer in Swinemünde.

    Friedrich Bogislav Richard Otto
  13. Treu, August Ferdinand, geboren am 09.08.1843 in Camp bei Treptow a. R., Kr. Greifenberg. Sein Vater war Fischer in Camp bei Treptow a. R.. Die Vorbildungen erhielt er in Langenhagen durch Lehrer Kaliebe. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Danach Lehrer in Stettin.

    August Ferdinand Treu
  14. Engel, Carl Otto Eduard, geboren am 05.05.1843 in Mellen bei Daber, Kr. Regenwalde. Sein Vater war Küster und Lehrer in Mellen bei Daber, Kr. Regenwalde. Die Vorbildung erhielt er in Daber durch Kantor Jahnke. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862-08.04.1865. Danach Lehrer in Ueckermünde. Laut Auskunftsbuch von 1903 ist er in Mellen als Lehrer und Küster angestellt.

    Carl Otto Eduard Engel
  15. Beckmann, Johannes Ernst Carl Otto, geboren am 21.12.1844 in Bewersdorf, Kr. Pyritz. Sein Vater war Küster und Lehrer in Bewersdorf, Kr. Pyritz. Die Vorbildung erhielt er durch den Vater. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Ab Mai 1865 Lehrer an einer Privatschule in Wollin.

    Johannes Ernst Carl Otto Beckmann
  16. Zu Grutke liegen keine Informationen vor. Er ist auch nicht in der Seminarklasse verzeichnet.

    Lehrer Grutke
  17. Latz, Ferdinand, geboren am 02.03.1818 zu Colbatz, Kr. Pyritz. Seminarist des Seminars zu Stettin, dann Hilfslehrer in Stettin, sowie ordentlicher Lehrer an der städtischen Bürgerschule, 1844 – 1861 war er 3. Ordentlicher Hauptlehrer an der Elisabethschule in Stettin. Seit 1862 in Pölitz am Schullehrerseminar als Rendant der Seminarkasse tätig.
    Ferdinand Latz
  18. Lenz, Daniel Friedrich, geboren am 01.02.1843 in Gollin, Kr. Saatzig. Sein Vater war Bauer in Gollin Kr. Saatzig, im Jahr 1850 verstorben. Die Vorbildung erhielt er in Gollin bei Lehrer Vögler, 1/2 Jahr Hauslehrer. Er besuchte das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862-08.04.1865. Danach Lehrer an der Stadtschule in Nörenberg.

    Daniel Friedrich Lenz

Diese Seminaristen gehörten ebenfalls zu dieser Seminarklasse:

Braatz, Johannes Friedrich
Gahntz, Johann Ernst Christian Rudolph
Hagewald, Hermann Bernhard
Hein, Albert Hermann
Kreusch, Carl Friedrich Ferdinand
Mesecke, Carl Ernst Friedrich Wilhelm
Schröder, Robert Albert Theodor
Schünemann, Carl Ludwig
Wolter, Friedrich Wilhelm Albert
Ziehm, Carl Albert Sigismund

Alle Seminaristen besuchten das Schullehrerseminar Pölitz zwischen Ostern 1862 – 08.04.1865. Die Vorbildung, sprich Präparandenzeit, legten alle in unterschiedlicher Weise zurück, bevor sie im Seminar Pölitz aufgenommen wurden.

Quellen:

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