Am 7. März 2020, beteiligte sich das Universitätsarchiv Greifswald am bundesweiten „Tag der Archive“ des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA).

Zwei wesentliche Programmpunkte standen dabei auf der Agenda.

  1. Führungen durch das Archiv und
  2. ein sogenannter „Scanathon“.
Einladungsflyer „Tag der Archive“

Der Pommersche Greif e.V. wurde im Vorfeld von Dr. Dirk Alvermann gesondert zur Beteiligung am „Scanathon“ eingeladen, da bekannt war, dass der Pommersche Greif seit langem bemüht ist, Quellen online verfügbar zu machen. Zwei Mitglieder des Vereins (D. Krüger und D. Beiersdorf) nahmen diese Einladung gerne an.

1. FÜHRUNG

Eingangsbereich Archiv

Der Tag startete mit einer sehr interessanten Einführung in die Geschichte des Archivs und dessen Bestände. Und dies war keine „trockene“ Veranstaltung! Im Vorfeld wurden ausgewählte Archivalien aus den verschiedenen Beständen bereitgelegt, anhand derer die Recherchemöglichkeiten detailliert und an praktischen Beispielen durch die Archivarin Frau Schumann erklärt wurden. Ein toller Einblick in die Bestände.

In den 2.200 laufenden Meter Akten befinden sich zahlreiche, für den Familienforscher interessante, Archivalien, wie bspw.:

  • Personalakten,
  • amtliche Verzeichnisse des Personals und der Studierenden
  • Fleißlisten (1796-1866),
  • Güterkarten (360 Karten aus den Jahren 1805-1945)
  • Gelehrtennachlässe
  • uvm.

Eine ausführliche Bestandsübersicht findet sich auf den Internetseiten des Archivs unter:

https://www.uni-greifswald.de/universitaet/einrichtungen/archiv/bestaende/

Viele Bestände des Archivs sind digitalisiert und können in der „Digitalen Bibliothek MV“ eingesehen werden. Die Übersicht mit ergänzenden Erklärungen findet sich unter nachfolgendem Link:

https://www.uni-greifswald.de/universitaet/einrichtungen/archiv/bestaende/digitales-archiv/

Nach der Einführung konnten die Besucher, in der sich anschließenden Fragerunde, einen guten Einblick in den Archivalltag und die Aufgaben der Archivmitarbeiter bekommen.

2. SCANATHON

Der Scanathon sollte dazu dienen, Interessierten ein einfaches und mobiles Hilfsmittel für Scan-Arbeiten im Archiv vorzustellen – das ScanTent und die dazu gehörige DocScan App für das Smartphone. Mit beiden arbeitet das Universitätsarchiv im Benutzerbereich schon seit einiger Zeit.

Diese Art des Scannens sollte aber nicht nur einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt, sondern dabei natürlich auch etwas Nützliches geschaffen werden.

Es war geplant, Heimatbeilagen und Heimatseiten pommerscher Zeitungen aus den 1920 und 30er Jahren mit Hilfe von Teilnehmern zu digitalisieren, die Volltexterkennung durchzuführen und Texte und Digitalisate online zugänglich machen.

Dieser Programmpunkt startete mit einer Einführung in den Workflow, die erforderliche DocScan App und das ScanTent durch Herrn Steinich.

Unterstützt wurden die Erklärungen durch sehr anschauliche und hilfreiche Videos.

Das nachfolgende Video zeigt den grundsätzlichen Ablauf des Scannens mittels DocScan App und ScanTent für das Smartphone.

Nach dieser Einführung ging es dann an die praktische Arbeit. Rund zehn Interessierte wurden in den Magazinraum des Archivs geführt, in dem die Scanarbeitsplätze vorbereitet waren. Es standen sechs ScanTents zur Verfügung.

D. Krüger und Dr. Alvermann am ScanTent

2.1 TECHNIK

Für die Arbeit sind einige technische Voraussetzungen vom Nutzer mitzubringen.

  1. Smartphone mit Android Betriebssystem
  2. Installierte DocScan App (im Google Playstore frei verfügbar)
  3. Nutzeraccount bei Transkribus (kostenlose Registrierung)
  4. ScanTent, das in diesem Fall vom Archiv gestellt wurde

In das ScanTent werden die zu digitalisierenden Unterlagen eingelegt. Eine LED-Leiste im inneren des Zeltes sorgt für eine gute Ausleuchtung. Die Stromversorgung erfolgt mittels Powerbank.

An der Oberseite des Zeltes ist eine kleine Plattform installiert, auf die das Smartphone gelegt werden kann. Dadurch hat der Benutzer beide Hände frei, um bspw. das Dokument umzublättern bzw. zu positionieren. Durch eine Öffnung in der Plattform, kann die Kamera des Smartphones das Dokument im Inneren des Zeltes aufnehmen. Nachfolgende Abbildung zeigt den Aufbau des ScanTents.

Aufbau des ScanTents

2.2 DIGITALISIERUNGSPROZESS

Heimatbeilage im ScanTent

Um nun ein Dokument zu scannen, muss die DocScan App auf dem Smartphone gestartet werden. Damit die Aufnahmen auch dem Archiv zur Verfügung gestellt und im Katalog richtig zugeordnet werden, beginnt der Prozess durch das Aufnehmen eines QR-Codes in der DocScan App. Dieser QR-Code wird von den Archivmitarbeitern entweder gedruckt oder am Bildschirm präsentiert und liefert dem System die erforderlichen Metadaten (in Greifswald sorgt er zusätzlich dafür, dass die Daten dem Archiv zur Verfügung stehen und nicht nur bei Transkribus hochgeladen werden).

Nun kann die Archivalie fotografiert werden. Die DocScan App bietet dafür sehr komfortable Funktionen. Die App erkennt nämlich Bewegungen im Bild.

DocScan App

Solange umgeblättert oder ausrichtet wird, erfolgt keine Auslösung der Kamera. Erst wenn keine Bewegungen detektiert werden, wird ein Foto erstellt. Sobald auf die nächste Seite geblättert wird, wird ein neues Bild gemacht. Daher müssen während des Digitalisierens keine Aktionen am Smartphone durchgeführt werden.

Nachdem alle Seiten einer Archivalie gescannt wurden, werden die aufgenommenen Bilder noch einmal durch den Nutzer auf Vollständigkeit geprüft und unwesentliche Bereiche aus den Bilder entfernt. Die App erkennt automatisch die Ränder der Archivalie und setzt entsprechend den Schnittrahmen. Dieser ist einigen Fällen noch manuell anzupassen.

 

Zuschnitt

Nachdem diese qualitätssichernden Arbeiten ausgeführt worden sind, erfolgt das Hochladen der Bilder vom Smartphone zum Archiv bzw. zu Transkribus.

Eine sehr detaillierte Anleitung zur Verwendung der DocScan App und dem ScanTent, findet sich im Wiki von Transkribus. Dort werden die Funktionen der App nochmal genauer beschrieben:

https://transkribus.eu/wiki/images/9/9c/Verwendung_von_DocScan_und_ScanTent.pdf

 

Damit ist der Prozess der Digitalisierung vorerst abgeschlossen. Die Bilder befinden sich nun auf dem Smartphone des Nutzers und im Bestand des Archives.

2.3 VOLLTEXTERKENNUNG

Das Universitätsarchiv plante aber nicht nur die Bilder im Ariadne-Portal bereitzustellen. In einem integrierten Workflow sollten sie über Ariadne auf den Transkribus-Server geladen werden, um dort die Texterkennung durchzuführen. Danach sollen die Bilder mit erkannten Volltexten wieder im Ariadne-Portal verlinkt werden.

Die Texterkennung ermöglicht den Nutzern eine komfortable Volltextsuche im gesamten Digitalisat und erschließt die Unterlagen somit deutlich besser. Dieses Vorgehen hebt sich auch von vielen anderen Archiven ab, die „nur“ Bilder bereitstellen.

Herr Dr. Alvermann zeigte den Besuchern die Arbeit mit der Layout- und Texterkennung von Transkribus, einer Plattform zur Texterkennung, Layout Analyse und Strukturerkennung von historischen Dokumenten.

Die Vorführung der automatischen Text- und Handschriftenerkennung faszinierte alle Anwesenden, denn mittlerweile erreichen die verschiedenen trainierten Modelle beeindruckende Erkennungsquoten mit Fehlerraten deutlich kleiner als 10%. Auch bei Handschriften aus dem 16. Jahrhundert, die durch mehrere Personen erstellt wurden.

Auf eine detaillierte Beschreibung wird an dieser Stelle verzichtet. Interessierten seien die Internetseiten von Transkribus empfohlen. Außerdem ist geplant, dass ein umfangreicher Workshop zur Handschriftenerkennung im Universitätsarchiv stattfinden wird.

FAZIT

Insgesamt wurden während des „Scanathons“ etwa 1000 Seiten aus pommerschen Heimatbeilagen gescannt. Dank der gemeinsamen Aktion sind nun die nachfolgenden Jahrgänge aus 7 verschiedenen Heimatblättern aus Vor- und Hinterpommern zusätzlich in der Digitalen Bibliothek MV verfügbar und im Volltext durchsuchbar.

Insgesamt war dieser Tag sehr gelungen, da er durch die Mitarbeiter toll vorbereitet war. Beeindruckend waren die Offenheit des gesamten Teams und das persönliche Engagement. Einen Samstag zu opfern ist nicht selbstverständlich.

Man kann nur hoffen, dass dieses Konzept der Digitalisierung Nachahmer findet. Denn es bringt die Interessen der Beteiligten zusammen. Archivnutzer können Digitalisate vor Ort mit dem eigenen Smartphone erstellen und sofort für die persönliche Forschung verwenden. Die erstellten Digitalisate werden aber gleichzeitig auch allen anderen Nutzern zur Verfügung gestellt, unter Sicherung der Qualitätsanforderungen des Archivs.

Das Zitat von Dr. Alvermann bringt es auf den Punkt: „Bei uns scannt also nicht jeder für sich, sondern alle für alle.“

2 Gedanken zu “Tag der Archive 2020 – Universitätsarchiv Greifswald”

  • Lieber Herr Beiersdorf,

    Ihr sehr guter Bericht zum Scanaton macht Hoffnung für die private Digitaliserung des eigenen Ahnen-Forschungsmaterials. Allerdings hinderten mich bisher zwei kleine Haken daran: Die passende Fotohardware und, man muss Transkribus anlernen. Die Anlernmethode wird seit Jahren auf den Internetseiten für Transkribus erklärt, daher ist sie nicht unmöglich. Schön wäres es aber, wenn man eine halbwegs angelernte Version von Transkribus für den privaten Gebrauch hätte.

    Viele Grüße
    Wolfram Stratmann

  • Lieber Danilo,

    vielen Dank für diesen sehr informativen Beitrag. Ein tolles Projekt,das hoffentlich wiederholt wird. Es gibt noch viele Schätze in der UNI Bibliothek Greifswald und vor allem im Landesarchiv , die gescannt werden sollten.
    Zum Thema Heimatbeilagen und Heimatseiten pommerscher Zeitungen aus den 1920 und 30er Jahren u.a. die Wochenbeilage zur Greifswalder Zeitung „Heimatleiw un Muddersprak“ und die Heimatbeilage der Grimmer Kreiszeitung „Zwischen Sund und Trebel“.

    Viele Grüße Norbert

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