Ein Gastbeitrag von David Krüger

 

Den Morgentau abschleppen? Dies tat der Tauschlepper!
„De Doschleper“, bi uns to Hus!

Wenn beim Dorf noch der nächtliche Frühlingstau lag und die Pflanzen bedeckte, dann gingen die Jungen des Dorfes – oft schon zwischen 0:00 und 1 Uhr nachts aus ihren Häusern. Der erste weckte mit lautem Peitschenknallen den zweiten, dieser den dritten und so weiter. So war schon vor dem Pfingstmorgen die männliche Jugend des Dorfes auf den Beinen. Die Jungen warteten auf dem Dorfanger oder am Dorfteich, bis der letzte kam – und ein kurzes Pfingstgrüßen und Besprechen der Festfolge zum Pfingstsonntag schloss sich an.

Anschließend ging jeder peitschenknallend zu seinem Hof zurück, weckt mit einem Pfingstgruß die Magd, welche das Vieh noch in der Vordämmerstunde gemolken hatte und trieb danach das Vieh zur Weide. Das Vieh ist mit Maibüschen geschmückt und jedes Tier ist ein farbenprächtiger, stattlicher „Pfingstochse“ für sich.

Fröhliche Pfingsten – Postkartensammlung David Krüger

Jeder der Burschen bemüht sich, mit seinen Tieren als Erster die Dorfstraße zu begehen und als Erster auf der Weide zu sein. Wer die Feld- und Wiesenwege zuerst erreicht hatte, schüttelte den frischen Morgentau von Gras und Klee, und das stampfende Tier trägt und schleppt das kühlende Nass mit sich fort.

So wird der Tauschlepper zum Sieger im Frühaufstehen und frühen Austreiben der Tiere. Die nachfolgenden Burschen finden einen begangenen und trockenen Weg, und wenn die ersten wärmenden Sonnenstrahlen erscheinen, ist der Tauschlepper bereits auf der Weide. So ist er mit seinen Tieren als erster wieder Zuhause – wenn die Pfingstglocken am Vormittag das Fest einläuten.

Der Pfingstlangschläfer, der sein Vieh als letztes auf die Weide stellt, gilt die Pfingstzeit über als der einzige Gehänselte; er wurde in den vorpommerschen Dörfern früher gern als „Pfingstkarr“ bezeichnet, in Hinterpommern als „Pfingstlümmel“.

In der Mittagszeit des 1. Pfingsttages führten die Jungen die ausschmückenden Vorbereitungen zum abendlichen Pfingstumzug durch.

Die gesamte Dorfgemeinde nahm an dem Fest des Tauschleppers teil. Gegen Abend versammelte sich die Jugend des Dorfes vor dem Haus des Tauschleppers. Einige von ihnen gingen hinein zu ihm und schmückten ihn mit Birkenzweigen zum Frühlingskönig. Im Mecklenburgischen wurde dem Tauschlepper ein großer Birkenzweig an den Fuß gebunden, mit dem er – als Zeichen seiner Würde – dem Festzug voran schreiten musste. Der Pfingstkarr, auch Pfingstlümmel genannt, wurde in seinem Hof mit einem Kranz frischer Feldblumen geschmückt.

Unter Vorantritt einer Dorfmusik hielt nun die Dorfjugend ihren Festumzug. Der Pfingstkarr hatte die Dienerrolle des Tauschleppers zu spielen und musste dem Maikönig jederzeit Folge leisten. Auf dem Dorfanger endete der Umzug, und bei Tanz und Gesang wurde der Pfingsttag beendet.

In vielen Dörfern schmückte man den Tauschlepper als den Maikönig mit Königshut und Säbel; auch Schärpen aus Birkenzweigen oder Weidenbast fehlten nicht. Der Tauschlepper bewahrte diese Ehrenzeichen das ganze Jahr hindurch auf, bis der neue Mai mit frischem Grün sich einen neuen Tauschlepper anbot.

Der Tauschlepper war ein Pfingstbrauch, welcher bis zum 19. Jahrhundert in den Vor- und Hinterpommerschen Dörfern praktiziert wurde.

Quellen:
Der Tauschlepper, Ausgabe Nr. 20/1934, Am Pommerschen Herd – nterhaltungsbeilage zum Demminer Tageblatt
Land und Leute in Niederdeutschland. Band 1, Otto Lauffer, 1934