Der Nichterreichbarkeit eines Zeitungsportals am vergangenen Wochenende ist es zu verdanken, dass ich das älteste Rätsel meiner Ahnenforschung endlich lösen konnte. Was für ein wunderbares Nikolausgeschenk!

Weil jeder Ahnenforscher nachempfinden kann, wie man sich da fühlt, erzähle ich heute gerne davon.

Hier erst einmal eine ganz kurze Zusammenfassung über das, was mir bisher in dieser Linie bekannt gewesen war:

1987, als ich mit der Ahnenforschung begann, bekam ich Notizen meines Opas in die Hände, die er zum Ausfüllen eines arischen Nachweises gemacht hatte. Dabei befand sich ein Brief seines Vaters (meines Urgroßvaters), den dieser ihm 1937 geschickt hatte. Daten seiner Vorfahren aus Westpreußen:

Ich heiße Johann Bieschke, geb. am 23.5.1880 in Schönwalde, Kreis Neustadt, WPr., kath.

Mein Vater: August Bieschke ist geb. 6.11.1843 in Schönwalde, Kreis Neustadt, WPr., kath.

Meine Mutter Barbara Bieschke geborene Pionke ist geb. am 4.12.1846 in Steinkrug, Kreis Neustadt, WPr., kath.

Es folgen noch Daten zu seinen Großeltern und Urgroßeltern väterlicherseits.

In den mikroverfilmten Kirchenbüchern fand ich damals die Taufe meines Urgroßvaters. Ich fand die Heirat seiner Eltern, die Taufe seiner Mutter (ihr Geburtsdatum stimmte aber nicht mit dem im Brief genannten Datum überein), Daten seiner Geschwister. Aber ich suchte mir die Augen blutig nach dem Taufeintrag meines Ururgroßvaters August Bieschke und dessen im Brief genannten Vorfahren. Nichts! Die Angaben in dem Brief stimmten nicht!

Ich fand hunderte und aberhunderte Personen mit dem Namen Bieschke. Bieszk, wie er auch geschrieben wurde, sowohl die Bieszk als auch die Pionk gehören zu den katholischen Kaschuben im Kreis Neustadt, Westpreußen. Viele Kinder namens August Bieschke/Bieszk, aber nicht „meinen“.

Unzählige Familien habe ich verfolgt, verknüpft, erwogen, verworfen, ausgeschlossen, sowohl in den Mikrofilmen als auch in den vergangenen Jahren veröffentlichten Digitalisaten. Über den bisherigen – erfolglosen – Suchverlauf hatte ich in den vergangenen Jahren bereits sechs Aufsätze geschrieben, zuletzt 2018. Dann musste ich die Suche wieder einmal ad acta legen. Ich hatte alle Kirchenbücher und Standesamtsurkunden, die online waren, ausgewertet. Eine Reise zu den Archiven selber war mir seinerzeit nicht möglich. Meine letzte Hoffnung war, die Sterbeurkunden meiner Ururgroßeltern zu finden, die „irgendwann“ hoffentlich online gehen würden.

Alternativ zu meiner eigentlich geplanten Recherche in dem Zeitungsportal, die einen völlig anderen Familienzweig betraf, schaue ich also – einem Impuls folgend – mal wieder auf die polnische Seite PTG. Vielleicht sind endlich die Sterbeurkunden von August Bieszk und seiner Frau Barbara Pionk erfasst und in Genbaza (siehe auch in Genwiki: Genbaza) online.

Und tatsächlich, es gibt NEUE Indexierungen und NEUE Digitalisate für meinen Suchbereich!!!

Für „meinen“ August Bieszk finde ich zunächst bis 1940 keine Sterbeurkunde.

Die Suche nach der Sterbeurkunde für seine Frau Barbara Pionk ist erfolgreich. Barbara Bieschke geborene Pionke starb 1914. Was zeitlich passt, denn ich weiß, dass sie vor ihrem Sohn Joseph, der 1915 gefallen war, bereits verstorben war.

Quelle: Genbaza, AP Gdansk, USC Kielno, Standesamt Kölln, Sterbeurkunde Barbara Bieschke geb. Pionke,

Aber was ist das?

Der Arbeiter Nicolaus Bieschke zeigte den Tod seiner 71 Jahre alten Ehefrau Barbara geborene Pionke an. Ihr Alter stimmt, ihr Geburtsort stimmt, die Namen ihrer Eltern stimmen. Der Anzeigende hatte mit Nicolaus Bieschke unterschrieben.

Nicolaus Bieschke? In den bisher gefundenen Urkunden, angefangen mit ihrer Heirat, über die Geburts-, Tauf- und Sterbeurkunden der Kinder, lautet sein Vorname stets August.

Dann finde ich die Sterbeurkunde ihres Sohnes Theofil, der 1918 gefallen war. Das Sterbedatum war mir aus den Verlustlisten des CompGen bereits bekannt. Auch in seiner Sterbeurkunde wurde der Name seines Vaters mit Nicolaus angegeben. Die Angaben stimmen soweit überein, dass ich einen Irrtum ausschließen kann.

Ich finde die Heiratsurkunde des mir bereits bekannten Sohnes Anton. Nur – hier wird der Name des Vaters wieder mit August angegeben.

Da es keine passende Sterbeurkunde für einen August Bieschke oder Bieszk gibt, suche ich nun nach Nicolaus. Ich finde sie nicht auf Anhieb, erst dann fällt mir ein, dass Westpreußen 1920 – infolge des 1. Weltkriegs – an Polen abgetreten worden war. Wir erinnern uns, polnischer Korridor. Westpreußen war damit polnisch geworden, die Urkunden wurden jetzt in polnischer Sprache geführt, die Namen (teilweise) polonisiert, aus Nicolaj oder Nicolaus wurde Mikolaj.

Und dann lese ich:

Der Bauer Antoni Bieschke zeigt den Tod seines Vaters Mikolaj Bieschke an! Alter und Geburtsort des Verstorbenen stimmen! Aber kann ich mir wirklich sicher sein, dass dies mein Ururgroßvater ist?

Quelle: Genbaza, AP Gdansk, USC Kielno, Standesamt Kölln, Sterbeurkunde Mikolaj Bieschke

Bei der Heiratsurkunde des Sohnes Anton Bieschke handelt es sich um die Erstschrift, sprich, hier sind die Unterschriften der beteiligten Personen im Original zu sehen. Und DAS ist mein Glück! (Anders als in den Zweitschriften, die später angefertigt werden, bei denen es sich um eine Abschrift handelt.)

Kein Zweifel, es handelt sich eindeutig um die richtige Person.

Unterschrift Antoni Bieschke auf der Sterbeurkunde Mikolaj Bieschke aus dem Jahr 1928
Unterschrift Anton Bieschke von der Heiratsurkunde aus dem Jahr 1919

Mein Ururgroßvater, der bisher unter dem Namen August bekannt war, hieß also tatsächlich Nicolaus Bieszk. Er starb am 24. Mai 1928 im Haus seines letztgeborenen Sohnes Anton.

Im Heiratseintrag aus dem Jahr 1867 von August Bieszk und Barbara Pionk war sein Alter mit 26 Jahren angeben, er müsste also +/- 1841 geboren sein. (Zur Erinnerung, die Suche verlief seinerzeit erfolglos.)

Jetzt finde ich tatsächlich einen Taufeintrag auf den Namen Nicolaj Bieszk, geboren am 6.11.1841 in Schönwalde, getauft am 7.11.1841 in Kölln. Seine Eltern sind Franz Bieszk und Barbara Halmann. Das Geburtsdatum 6.11. stimmt mit dem Datum im Brief überein, das Jahr nicht. Aber für mich gibt es nach all den Recherchen, all den quer geprüften Daten keinen Zweifel: Das ist der Eintrag, den ich seit 34 Jahren suche!

Die Daten, die ich bisher aus dem Brief meines Urgroßvaters kannte, stimmen nicht mit den richtigen Daten überein. Ich erinnere mich an den Vermerk in den Notizen meines Großvaters, „Urkunden von Polen unterwegs“. Angekommen waren diese Urkunden nie. Mein Opa brauchte den vorsorglich vorbereiteten arischen Nachweis nicht, die Anforderungen gerieten wohl in Vergessenheit.

Allen Archiven, die Digitalisate online stellen und allen Helfern, die Namen daraus indexieren und damit auffindbar machen, sage ich: Dziękuję und danke!

 

4 Gedanken zu “Ein Geschenk vom Nikolaus”

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