Zum 3. Advent
Aus “Unsere Heimat” Beilage zur Kösliner Zeitung Nr. 27 1928
Von Reinhold Lange
Du lieber heil’ger frommer Christ…
Das ist ein Lied das wohl jeder noch von seinen Kinderjahren her im Gedächtnis hat. Was aber wahrscheinlich nicht mehr frisch darin lebt ist, dass das Lied ein richtiges pommersches Gewächs ist, dessen Entstehung uns an die schweren Notzeit unserer Väter zu Anfang des vorigen Jahrhunderts erinnert. Es ist ein Christgeschenk von unserem Landsmann Ernst Moritz Arndt, den wohl jedes deutschen Kind kennt und jedes pommersche erst recht.
Arndt, am zweiten Weihnachtstag 1769 zu Schoritz auf Rügen geboren, war 1805 Professor der Geschichte zu Greifswald geworden.
In jener trüben Zeit von Deutschlands Schmach und Jammer verfasste er den ersten Teil seiner Schrift “Geist der Zeit”, ein Werk voll kühnen Freimuths, voll Erbitterung gegen Napoleon und die Franzosen, voll blühender Liebe zu dem armen unterdrückten Vaterlande. Das Buch fand eine beispiellose Verbreitung und zündete in allen deutschen Herzen.
Freilich hatte er jetzt die Rache des Korsen zu fürchten und als nach der Schlacht bei Jena die Franzosen auch ins schwedische Pommern ihren Fuß setzen, war sein Leben in der Heimat gefährdet. Er floh deshalb nach dem benachbarten Schweden und kehrte im Jahre 1809, da der Friede zwischen Napoleon und Schweden bevorstand, in die Heimat zurück. Er erhielt seine Stelle in Greifswald wieder, fühlte sich aber in der kleinen Universitätsstadt, wo ringsum ihn her viele mit den Welschen liebäugelten und schwätzten, bald nicht mehr wohl, nahm seinen Abschied und ging im Herbst 1811 zunächst zu seinen Geschwistern in die Dorfstille bei Trantow, unweit der Peene bei Loitz. Hier konnte er endlich die eigene Familienluft atmen, hier gehörte er auch nach langer Zeit einmal ganz seinem Karl Treu, wie er seinen Sohn Karl Moritz für den Hausgebrauch umgetauft hatte, und dieser ihm .
Arndt aber war während seiner Flüchtlingsjahre nicht alleine in seiner echt vaterländischen Gesinnung gefestigt worden, sie brachten auch eine Wandlung in seinem Glaubensleben. Vorher hatte auch er, wie die meisten seiner Zeitgenossen, dem von Rousseau aufgebrachten Vernunftsglauben gehuldigt. Jetzt aber, in den Jahren der Not und Fremdherrschaft hatten viele doch eingesehen, dass dies neue Evangelium ihnen nicht den rechten Trost bringen könne und fingen daher an, wieder bei dem alten Gott ihrer Väter Heil und Hilfe zu suchen. Auch Arndt gehörte zu Ihnen.
Doch warum erwähne ich das alles? Aus keinem anderen Grunde, als weil unser Weihnachtslied ein deutlicher Beweis für die große Wandlung ist, die mit Arndt vor sich gegangen war. Mit seinem Kind wurde der nun 42 jährige Professor an der Krippe des Christkindes 1811 unter dem verschneiten Trantower Strohdach selbst wieder zum Kind und sang seinem Jungen das “Gebet eines kleinen Knaben an den Heiligen Christ” so einfältig, kindlich und schlicht wie wir nur wenige Lieder besitzen.
Er tritt spürbar in die Fußstapfen, die Luther in seinem Kinderliede auf Weihnachten “Vom Himmel hoch da komm ich her” hinterlassen hat. Da aber ein rechtes Volkslied auch nach einer eigenen Melodie verlangt, so hat ihm der Kantor an St. Bernhard in Breslau, Gotthold Siegert*, 1821 eine solche geschaffen die jetzt überall soweit die deutsche Zunge klingt, gesungen wird.
*eigentlich Gottlob Siegert (Biographische Angaben)