Was haben Zahlenlotto und DNA-Genealogie gemeinsam?
Ein Beitrag von Jürgen Löffelbein
Das ist mit wenigen Worten gesagt: Die Chancen für Treffer sind bei beiden sehr gering.
Am Ende dieses Beitrages schreibe ich aber, wie man die Chancen erhöhen kann.
Für diesen Blogbeitrag habe ich einen fiktiven Stammbaum für die bekannte 1964 in Berlin geborene, Erika Mustermann errechnet.
Ihr Stammbaum geht mit einem Generationsabstand von 25 Jahren bis zu den 1764 geborenen 6x Urgroßeltern zurück. In den Berechnungen sind für jede Familie 3 Kinder berücksichtigt.
Die Familien hatten früher meistens mehr Kinder, nicht selten 8 bis 12, die Kindersterblichkeit war aber auch hoch. Ich denke, 3 Kinder je Familie, die auch das Heiratsalter erreicht haben, sind durchschnittlich ein realistischer Wert.
Mit Erikas Stammbaum möchte ich nur die mögliche Größenordnung der Familienstammbäume zeigen. Die tatsächlichen Zahlen bei anderen Familien sind sehr individuel und können stark abweichen.
Sehr beeindruckend ist mit diesen Vorgaben die Anzahl von 1.259.520 Nachkommen von Erikas 128 6x Urgroßelternpaaren, dazu kommen noch (419.840-128 =) 419.712 angeheiratete Ehepartner.
839.805 (839.808 – 3 Geschwister) sind Cousins und Cousinen 1. bis 7. Grades von Erika und neben ihren Onkeln, Tanten, Neffen und Nichten bei einem DNA-Test mögliche Matchpartner. Da mit der verwandtschaftlichen Entfernung die DNA-Übereinstimmung stark abnimmt und von diesen Verwandten auch nur wenige einen DNA-Test haben (Annahme jeder tausendste), bleiben in dem errechneten Mustermann-Beispiel nur 44 von 839.805 Personen als Matchpartner von Erika übrig und von denen sind auch nur einige brauchbar.
Diese 44 Cousins/Cousinen sind nur ein Teil der möglichen Matchpartner, denn die im Jahr 1964 geborene Erika Mustermann ist jetzt 58 Jahre alt. Ihre Eltern, Onkel und Tanten sind 25 Jahre älter und damit 83. Viele von ihnen können noch leben und die Neffen und Nichten sind erst 33 Jahre alt.
Die Anzahl der wahrscheinlichen Matchpartner aus diesen beiden Verwandtengruppen ist leicht zu ermitteln, bei den
Onkeln und Tanten sind es 44 (Cousin/Cousinen) geteilt durch 3 = 15,
Neffen und Nichten sind es 44 mal 3 = 132 zu erwartende Matchpartner.
Das alles ist nur eine Zahlenspielerei von mir, mit der ich zeigen möchte, woher die z. B. bei Ancestry, MyHeritage und Gedmatch angegebenen Matches stammen und dass sie nur einen sehr geringen Teil unserer Verwandten repräsentieren.
Wer einen DNA-Test gemacht und ihn mit anderen Tests verglichen hat, wundert sich wahrscheinlich über die vielen dort angezeigten Matches. Bei meinen 4 DNA-Tests sind es bei Ancestry zwischen
- 88 und 244 Matches mit über 20 cM Übereinstimmung
- 731 bis 8.200 Matches mit 6 bis 20 cM für weiter entfernte Verwandte.
Meine Matches sind fast ausschließlich nur mit in den USA und Kanada lebenden Matchpartnern. Wer keine Auswanderer in seinem Stammbaum hat, muss damit rechnen, dass kein oder nur sehr wenige Matches über 20 cM angezeigt werden.
Wobei ich anmerken möchte, dass meine Frau und ich noch vor wenigen Jahren glaubten, keine ausgewanderten Verwandten zu haben.
Allgemein habe ich festgestellt, dass nur wenige Matches brauchbar sind, denn viele der angezeigten Matchpartner haben keinen oder nur einen sehr kurzen Stammbaum mit 1 bis 5 Personen, einen gesperrten oder einen offensichtlich falschen, womöglich nur ungeprüft zusammenkopierten, Stammbaum.
Ich denke, damit ist ersichtlich, was Lotto und DNA-Matches gemeinsam haben.
Wie beim Lotto mit 1 oder 2 richtigen Zahlen, ab und zu ein 3er, in großen Zeitabständen ein 4er. Den 5er oder 6er haben nur die anderen Mitspieler. So ist es auch mit den DNA Matches. Es gibt viele mit wenigen cM Übereinstimmung, das sind häufig unechte Matches oder die gemeinsame Verwandtschaft liegt sehr weit in der Vergangenheit und ist nicht mehr zu ermitteln. Die Chance, einen unbekannten nahen Verwandten zu finden, ist fast gleich Null.
Wobei mir das gelungen ist. In meinem Blogbeitrag vom 18.09.2021 “DNA hilft bei der Familienforschung – Rätsel nach 131 Jahren gelöst“ habe ich berichtet, wie ich dank Corona so ein Problem lösen konnte. Ich denke, das war wie ein 5er mit Zusatzzahl im Lotto und dafür benötigt man viel Glück.
Beim Lotto kann man seine Gewinnchancen durch weitere Zahlenreihen erhöhen. Bei der DNA-Genealogie geht das auch – mit Tests von nahen Verwandten.
Zu DNA-Tests von Verwandten ist anzumerken, dass ein Test von Onkel und Tanten 1. Grades am meisten bringt, mehr als von Eltern und Geschwistern. Das kann ich gut bei meinen DNA-Tests sehen. Gemäß Anzeige bei Ancestry habe ich gemeinsam mit meiner
Mutter 3.481 cM (50%)
Schwester 2.633 cM
Tante 1.570 cM
Bei meiner Tante (Schwester meiner Mutter) habe ich, bei gemeinsamen Großeltern, wegen der geringsten Übereinstimmung die größte Wahrscheinlichkeit auf zusätzliche Matches bzw. auf Matches mit höheren cM Werten als bei mir.
Der Test meiner Schwester hat von meinen eigenen Matches zum Teil stark abweichende cM-Werte und vor allem auch zusätzliche, bei mir nicht vorhandene, Matches auf der väterlichen Seite gebracht.
Wie zu erwarten, haben die Tests meiner nahen Verwandten erheblich unterschiedliche cM-Werte bei den Matches ergeben. Ich habe auch Matches mit höheren cM-Werten gefunden, die in meinem DNA-Test nicht mehr anzeigt werden.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir die DNA-Tests trotz der hier beschrieben geringen Chancen viel gebracht haben. Ich konnte bisher
- 2 tote Punkte überwinden,
- viele Familienlinien auf Unstimmigkeiten (z. B. Kuckuckskinder) überprüfen
- Nachkommen von ausgewanderten Verwandten eindeutig ermitteln.
Ich möchte auf die neuen Möglichkeiten, die sich durch die DNA-Genealogie ergeben, nicht mehr verzichten.