Kein Druckfehler in der Überschrift, sondern ein neues Wort, das ich im Rahmen der Familienforschung gelernt habe.

Mir begegnete über die Deutsche Digitale Bibliothek https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/ ein sogenanntes „Profanbild“, man könnte es auch als naive Malerei bezeichnen, des Malers Walter Byesse: “Meine Heimatstadt Zanow“. Bei Facebook hatten wir auch schon mal ein Bild des selben Malers gezeigt, das das Luftschiff Italia über Stolp zeigte. Ich versuchte mehr zum Maler herauszufinden, der ja anscheinend aus Pommern stammte. Es fand sich im Internet der Hinweis, dass er 1902 in Zanow geboren wurde und 1974 in Tuttlingen verstarb.

Meine Heimatstadt Zanow i Pommern., Walter Byesse, 1972
Credit: Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen /CC BY-SA 4.0

In „Dicht hinter dem Gollen“ Band 2 von Herbert Zielke dann folgendes:

Am 19.03.82 war in einer Tuttlinger Zeitung  (im Schwabenland)  zu lesen:
„Da wird ein Mann mit über 60 Jahren, der keinerlei Kunstunterricht, geschweige denn Studium absolviert hat, mit Bildern und geschnitzten Skulpturen bei einem bedeutenden Museum, bei angesehenen Galerien und bei anspruchsvollen Sammlern “hoffähig”. Seine Bilder und Figuren kennen nicht die Geste der Perspektive, nicht die Anatomie, sie kennen fast nur Lokal Farben, sie sind sehr einfach, ja unbeholfen ausgeführt – aber sie haben unglaublichen Ausdruck, einige von ihnen sind von magischer Wirkung: Und eben dies ist die Kunst. “
Die Rede ist hier von dem in Zanow am 19.03.1902 als Sohn der Albert und Ida Byesse geborenen Walter Byesse.
Nach der Vertreibung aus der pommerschen Heimat kam er 1951 nach Tuttlingen. Er war Musiker (spielte neben 1. Violine und Tenorhorn viele andere Instrumente)  und wurde in seiner neuen Heimat Mitglied der Stadtkapelle. Neben seinem Broterwerb beim Städtischen Bauhof und neben seinem Engagement für die Musik widmete er sich ausgiebig der Malerei und Schnitzerei.
Leider verstarb er schon 1974 ganz plötzlich im Alter von 72 Jahren. Zu seinem 80sten Geburtstag hatte seine Wahlheimatstadt Tuttlingen eine Austellung seiner Werke arrangiert.  Die Bilder und Skulpturen kamen zumeist aus Privatbesitz, von seinen in Tuttlingen lebenden Kindern, sowie aus einer Münchener Galerie und aus dem Bestand des Museums für Deutsche Volkskunde in Berlin.    Seine Werke sind der Kunstrichtung “Naive Malerei“ zuzuordnen:  Von besonderer Einprägsamkeit und gut gelungen sind seine „Donautal mit Schloß Werewaag”,  “Petersfelsen bei Beuron”, “Nachtreiter” „Der Fluß Rominte”,  “Schlittenfahrt”,  “Die Heide bei Zanow” und “Breite= Straße in Zanow” „

 

Seltsamerweise fand sich in der Greif-X Datenbank kein einziger Hinweis auf diesen Familiennamen, einzig in der Datenbank der Militärpflichtigen https://www.pommerscher-greif.de/datenbanken/militaerpflichtige/ tauchte ein Hermann Wilhelm Albert Byesse 1874 aus Lossin, Kreis Stolp auf. Derselbe auch im Globalindex https://www.stolp.de/globalindex.html? der Stolper Familienforscher.

Also begann ich die bisher nicht indexierten und daher nicht im Greif-Index enthaltenen Standesamtunterlagen aus Zanow durchzuschauen und wurde bald fündig: Geboren wurde am 19.03.1902 der Walter Hermann Wilhelm Bijesse, Sohn des Fabrikarbeiters Albert Hermann August B. und seiner Frau Ida, geb. Witt (StA Zanow, * 39/1902). Bei weiteren Recherchen stieß ich dann auf die Heirat der Eltern am 20.07.1897 (StA Zanow, oo 6/1897), der Vater geboren am 28.04.1872 in Lossin, Kreis Stolp. Leider fehlen die Kirchenbücher um dort weiter zu suchen. Ida Witt stammte aus Freetz Kreis Schlawe. (Übrigens – bei den Fotos bei metryki.genbaza.pl gibt es Angaben über zwei Töchter und deren Ehen, die bei Ancestry im Zweitregister fehlen, also wieder mal ein Hinweis, warum es sich lohnt sich alle Variationen einer Urkunde anzuschauen).

Bijesse Schreibweise in den Standesamtunterlagen
Albert Hermann August Bijesse in der Geburtsurkunde seines Sohnes Walter 1902

 

Sucht man bei Ancestry findet man den Namen als Bÿesse und kann so den Übergang vom ij zum ÿ zum y ohne Punkte nachvollziehen. Auch das Adressbuch Zanow belegt diese Veränderung: 1930 findet man die Familie als Bijesse, 1939 als Byesse. Zur Erklärung der Punkte bin ich bei der Gesellschaft für deutsche Sprache fündig geworden: https://gfds.de/y-trema/?

„Die zwei Punkte über dem Ypsilon (¨) bezeichnet man als Trema. Hierbei handelt es sich um ein diakritisches Zeichen, das üblicherweise über dem zweiten von zwei aufeinanderfolgenden Vokalen steht, wenn diese getrennt ausgesprochen werden sollen wie z. B. bei frz. naïf ›naiv‹„.

Wurde er Name also früher Bi-jesse ausgesprochen?

Nicht herausgefunden habe ich die Bedeutung oder den Ursprung des Namens. Alle Herkunftshinweise zeigen in Richtung der Kreise Stolp und Rummelsburg, da gibt es z.B. den Namen Bigesse und in der Hufenklassifikation 1717 Byosse oder Biösse. Übliche Namenslexika bieten keine Hinweise. Bei geogen https://geogen.stoepel.net/?q=byesse ist der Name nur in Tuttlingen nachweisbar. Die Namensverbreitungskarten bei compgen https://www.compgen.de/recherchieren/#namenskarte finden nichts.

Vielleicht hat ein Leser eine Idee zur Herkunft oder Bedeutung des Namens??

2 Gedanken zu “Trema”

  • Hallo Margret Ott,
    der Name scheint mir aus dem Schwedischen zu kommen (das ich einigermaßen sprechen kann). Da gibt es einige Leute, die Bjesse heißen. Im 19. Jahrhundert schrieb man anscheinend auch ‚Bjässe‘, womit wir das Rätsel wahrscheinlich gelöst haben: Bjässe bezeichnet einen langen oder kräftigen Mann. Ein Synonym wäre ‚kraftkarl‘ – kräftiger oder mächtiger Kerl.

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