Mit der kompletten Erfassung der Verlustlisten und der Veröffentlichung der Aufzeichnungen des Roten Kreuzes über die Kriegsgefangenen im 1. Weltkrieg  sind zwei wertvolle Quellen jetzt komplett online zugänglich.

Als der Verein für Computergenealogie Ende 2011 das Projekt „Verlustlisten“ startete;  Anfang 2012 damit an die Öffentlichkeit ging und plante, 31 000 Seiten mit jeweils 200 – 300 Personen zu erfassen, habe ich das natürlich wie alle anderen genealogisch Interessierten begrüßt und beworben – aber insgeheim dachte ich mir: „Das schaffen die nie, soviel Freiwillige finden die niemals! Manche Vereine finden noch nicht mal genug Menschen, um die Vorstandsarbeit zu erledigen und die wollen so ein Großprojekt stemmen.“

Und jetzt, im August 2014: Sie haben es geschafft und das finde ich phänomenal.

Soldatenheim des Vaterländischen Frauenvereins,  Stolp
Soldatenheim des Vaterländischen Frauenvereins, Stolp
Feldpostkarte, Quelle http://bibliotekacyfrowa.eu/dlibra/doccontent?id=1434

Während andere noch diskutierten, was denn wohl Crowdsourcing ist und wie man das am besten anstellt, fingen die Computergenealogen einfach an und haben auf dem Weg auch noch quasi nebenbei ein neues Datenerfassungssystem „erfunden“, das inzwischen auch schon für die Erfassung von Adressbüchern, Standesamtregistern u.a. Quellen eifrig in Benutzung ist: Dateneingabesystem (DES)

Der Lob und der Dank gehen natürlich an erster Stelle an die vielen Freiwilligen, die diese ganzen Daten eingegeben haben (beispielsweise mit dem Laptop auf der Mitgliederversammlung des Vereins – so blieb keine Minute ungenutzt). Aber es hätte nicht funktioniert, wenn nicht auch eine effektive Bewerbung dieses Projektes stattgefunden hätte in Mailinglisten , Blogs etc. Mal wurden die neuesten Zahlen bekannt gegeben, mal wurden Grafiken gezeigt – und Zwischenergebnisse waren jederzeit schon abrufbar. So wurde das Projekt auch über die Anfangseuphorie hinweg kontinuierlich auf eine tragfähige Basis gestellt. Zugleich wurde das Thema in der Öffentlichkeit mit Vorträgen, Postern und Veröffentlichungen in der Presse bekannt gemacht – sogar der Spiegel berichtete im Juni 2014 darüber.

Mit dem erfolgreichen Abschluss der Erfassung hat dieser Verein auch Historikern aufgezeigt, was Laien leisten können und so wundert es nicht, dass etliche Archive sich jetzt mit Erfassungsprojekten an die interessierte Öffentlichkeit wagen. (bestes Beispiel der Crowdsourcing Nachmittag am 4. April 2014 bei der Tagung offene Archive in Stuttgart).

Beendet ist das Projekt noch nicht: „Nach Abschluss der Verlustlisten-Erfassung sollen die rund 8.5 Millionen Datensätze der Verlustlisten um Angaben zu den militärischen Einheiten (soweit dort vorhanden) ergänzt werden. Außerdem sollen die dort vorkommenden  Ortsangaben mit dem Genealogischen Orts-Verzeichnis (GOV) verknüpft werden. Darüber hinaus findet eine ständige Qualitätskontrolle statt, d.h. fehlerhafte Einträge werden kontinuierlich richtiggestellt.“

Im derzeitigen Stand der Bearbeitung ist eine Ansicht der kompletten Seite im Browser noch nicht vorgesehen, das ist aber manchmal notwendig, um z.b. die dem Eintrag zugehörige Einheit festzustellen. Man kann sich aber helfen durch Aufruf der URL http://files.genealogy.net/verlustlisten/XXXXX.jpg; wobei XXXX für die Nummer der Verlustliste steht.

Beispiel:

Dahmen, Josef aus Büderich findet sich auf http://des.genealogy.net/search/show/6576925

Die angegebene Seite der Verlustliste ist 20.465.  http://files.genealogy.net/verlustlisten/20465.jpg zeigt diese Seite und mit Veränderung der Nummer in der URL kann ich vor- oder zurückblättern.

Die Nummer der Verlustliste muss immer 5stellig sein, also bei kleineren Zahlen  bitte entsprechend Nullen voranstellen. Seite 8183 wird zu 08183.jpg

Alles zu finden auf http://verlustlisten.de

Ungefähr zeitgleich ist gerade auch das Internationale Rote Kreuz in Genf mit seiner Kriegsgefangenendatei online gegangen.

Startseite Kriegsgefangene
Startseite Kriegsgefangene

Die Gefangenenlager schickten Listen ihrer Insassen an das Rote Kreuz und die legten für jede Person eine Karte an. Unter http://grandeguerre.icrc.org/ kann man unter englischer oder französischer Benutzeroberfläche diese Karten durchsuchen.

Man kann nach Namen und Nationalität suchen, wobei die Sortierung der Namen etwas gewöhnungsbedürftig ist. Am ehesten kann man sich mit dem Soundex-algorithmus helfen  oder der Daitch-Mokotoff Soundex Coding Chart.

Die Einordnung betrifft auch schon die Anfangsbuchstaben, so wird man Namen mit V unter W und umgekehrt finden, Doppelvokale, ie-Kombinationen und H nach Vokalen werden z.B. ignoriert.

So fand ich Dahmen unter Damen, Wiechmann unter Vikmann

Das ICRC gab dem Familienforscher H. Annas auf Nachfrage zusätzlich noch folgende Auskunft:

  1. „Wenn 2 Karten eine einzige Person betreffen, dann wurden sie zusammen gruppiert von einem Büroklammer. Dann sieht man die erste Karte der Gruppe gross, und die anderen in Miniaturgrösse (zum Beispiel 126 und 130 sind zusammen gruppiert: das heisst das sie dieselbe einzige Person betreffen.“
    2. „Manche Karten haben eine Referenz (zum Beispiel A 22 213, 24 810), die eine Listereferenz ist. Wenn sie diese referenz in dem searchengine schreiben, dann sehen Sie diese Liste. Leider funktioniert es heute noch nicht für A 22213, weil wir noch 10 pro zent der daten noch ins system schicken müssen. Das wird fertig Ende Dezember.“
    3. „Alles steht in den Karten und Listen. Mehr weiss man nicht.“

Cordula Eberle hat in ihrem Blog  noch weitere hilfreiche Angaben gepostet. Hier erscheint mir besonders wichtig, dass die Verluste der russischen Front in dieser Kartei nicht erfasst sind.

Zwei großartige Datenbanken, die dem Familienforscher jetzt zusätzlich zur Verfügung stehen. Und das Projekt „Verlustlisten“ ist noch mehr: Ein Riesenschritt , der zeigt, was Ehrenamtler alles bewegen können. Es gilt auch für die Familienforscher:
Zusammen sind wir stark.

 

4 Gedanken zu “Erster Weltkrieg – Verlustlisten und Kriegsgefangene”

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