
Karla König * 3. Juli 1889 in Stettin; † 24. April 1963 in Schwerin, Schriftstellerin und Journalistin, veröffentlichte im Reise- und Bäderanzeiger, einer Beilage des Der Mittag 16 (18.7.1935) 164
am 18. Juli 1935 einen Bericht über eine nostalgische Sommerfahrt mit dem Schiff von Stettin bis zur Insel Rügen. Es lohnt sich, den stimmungsvollen Text über den obigen Link zu besuchen.
Die Reise beginnt frühmorgens im Hafen von Stettin: im Nebel liegt die Stadt, während das weiße Passagierschiff abfahrtbereit an den Tauen zerrt. Vor der Kulisse der Hakenterrasse, der Kirchen- und Schlosstürme und der geschäftigen Hafenanlagen setzt sich das Schiff in Bewegung. Entlang der Oder zieht zunächst eine Mischung aus stiller Flusslandschaft und industrieller Betriebsamkeit vorbei – Zementwerke, Öl- und Chemiefabriken, Papierfabriken –, bevor sich der Fluss ins Stettiner Haff öffnet.

Von dort geht es vorbei an den Badeorten Misdroy (Międzyzdroje), Swinemünde (Świnoujście), den Stränden Usedoms mit Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin bis hinauf nach Zinnowitz, Karlshagen und Trassenheide. Immer wieder erscheinen markante Punkte der Küste: bewaldete Höhen, Leuchttürme, Bojen und lange Sandstrände.
Schließlich taucht hinter der kleinen Insel [in Wirklichkeit ein großer Findling] „Kleinhelgoland“ die Silhouette Rügens auf. Die Fahrt führt an Göhren, Sellin und Binz mit dem Jagdschloss Granitz vorbei, dann weiter zur Kreideküste von Jasmund. Weiß leuchtende Kliffs, Wälder und das Meer bilden den Höhepunkt der Reise – Rügen, das „Märcheneiland Pommerns“, empfängt den Besucher.
Der beschriebene Reisebericht stammt aus einer Zeit, als Stettin ein bedeutender Hafen der damaligen deutschen Ostseeküste war und regelmäßige Dampfschiffverbindungen zu den beliebten Badeinseln Usedom und Rügen bestanden.

Reedereien wie Braeunlich betrieben Dampferlinien von Stettin über das Stettiner Haff und die Pommersche Bucht zu den Seebädern Usedoms und Rügens.
Die Linien Stettin–Swinemünde–Misdroy–Usedom–Rügen waren legendär und ein wesentliches Bindeglied für den Ostsee-Tourismus der Vorkriegszeit.
Für viele Mittel- und Oberschichttouristen war dies eine elegante, erholsame Sommerreise – günstiger als Fernreisen, aber dennoch mit mondänen Badeorten vergleichbar.
Die geschilderte Reise ist nicht nur ein poetischer Werbetext für eine Ostseefahrt, sondern auch ein Zeitdokument. Es zeigt die Mischung aus Industriekulisse, mondänen Badeorten und romantischer Natur, wie sie im Ostseetourismus der Vorkriegszeit typisch war.
Die im Text genannten Fabriken – Zementwerke, Ölwerke, chemische Industrie, Papierproduzent „Feldmühle A.-G.“ – unterstreichen, dass Stettin nicht nur ein Tor zur Ostsee, sondern auch ein wichtiges Industriezentrum war. Diese Mischung aus hart arbeitender Hafenstadt und Erholungsort prägte die Region.
Die Postkarte oben von dem damals sehr prominenten Marinemaler Willy Stoewer stammt aus seinem bei der Digitalen Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern veröffentlichten Band „Auf an die See“