Aus der Berliner Illustrierte Zeitung vom 25.2.1894

Der mächtige Orkan, der in den Tagen vom 10. bis 12. d. M. in ganz Deutschland wüthete, hat bekanntlich an nicht wenigen Orten bedeutenden materiellen Schaden angerichtet, nicht zum wenigsten auch in der Reichshauptstadt. Am empfindlichsten dürfte aber doch wohl Stettin betroffen worden sein.

Die Jacobikirche in Stettin nach dem Orkan vom 12. d. Mts. (Februar 1894)


Der dort befindlichen Jacobikirche war bei dem Umbau ein neuer 120 Meter hoher Thurm angefügt worden, der im Herbst v. J. vollendet worden war.
Am Montag, den 12., kurz nach 1 Uhr Mittags, brach der mächtige Bau, dem zu seiner völligen Vollendung nur die Bekleidung fehlte, mit einem
furchtbaren, donnerähnlichen Krachen zusammen, im Niederfallen den Dachreiter und das ganze Kirchendach, sowie die Anbauten an der Nordostseite mit
seiner Wucht zertrümmernd. Schon um 11 Uhr will man ein Schwanken des Thurmes bemerkt haben, das mehr und mehr zunahm und schließlich die
Katastrophe herbeiführte. Die größere Masse des zertrümmerten Thurmes ist auf die die nordöstliche Seite geschleudert worden; einzelne Stücke von den Dach-
sparren, sowie abgerissene Kupferplatten des Kirchendaches fielen bis in die Schulzenstraße. An den umstehenden Häusern wurden mehrfach die Dächer, auch die Fenster beschädigt. Leider ist auch der Rendant der Kirche, Herr Radcke, bei dem Zusammensturz von einem niedersausenden Balken getroffen worden und am nächsten Tage an den Folgen der schweren, ihm dadurch zugefügten Verwundung gestorben.
Auch der zweite, kleinere Thurm, der auf unserem Bilde noch sichtbar, ist zerstört worden. Der Schaden soll sich auf etwa 130 000 Mark belaufen. Von dem Thurme ist nichts übrig geblieben, als der alte gemauerte Stumpf, der das Baugerüst noch trägt.

Hellmuth Heyden berichtet in „Die Kirchen Stettins und ihre Geschichte“ (1936) entsprechendes, der Kirchenrendant schreibt sich da Radtke.  So ging es weiter: „Trotz manchen Widerspruchs wurde mit dem Bau von neuem begonnen. Bereits im Herbst waren der Turm bis zu 118 Meter in die Höhe bei 14 Meter im Quadrat geführt, das beschädigte Dach und der Dachreiter wiederhergestellt, die Portale von dem häßlichen Kaltiturverputz befreit und die ursprünglichen Zierate freigelegt. “

 

Oskar Hossfeld beschreibt in „Die Denkmalpflege“ 1902 „Die St. Jakobi-Kirche in Stettin und ihre Wiederherstellung“ die ganzen Renovierungsmaßnahmen ausführlich. Zu dem Unglück kam es seiner Meinung nach  dadurch, dass der Turmhelm ursprünglich nicht in dem Mauerwerk des Turmes verankert gewesen sei, um das Mauerwerk des Turmes nicht zu beschädigen.

Aus dieser Veröffentlichung stammt auch die obige Zeichnung.

Die Kirche überstand den 2. Weltkrieg mit schweren Schäden und der Kirchturm erhielt ab 2007 einen neuen Turmhelm, der dem ursprünglichen, im Jahr 1677 zerstörten Turmhelm nachempfunden ist.

 

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