Unter einem Prokurator (lat.: procurator) versteht man eine aus dem römischen Rechts- und Staatswesen überkommene Amtsbezeichnung für Funktionsträger beispielsweise  in der Vermögensverwaltung. Die Procuraturregister der Universität sind die Aufzeichnungen dieser Vermögensverwaltung.

Wartislaw IX (Quelle=http://ruegenwalde.com/greifen)
Wartislaw IX (Quelle=http://ruegenwalde.com/greifen)

Die Universität Greifswald wurde bei ihrer Gründung 1456 vom Stifter, dem Herzog Wartislaw IX.  mit Einkünften und Gütern ausgestattet. Diese Ausstattung wurde mehrfach erweitert, zuletzt 1634 erhielt die Universität das ehemalige Kloster und das fürstliche Amt Eldena

geschenkt. Diese Ländereien von über    10 000 Hektar waren bis zur Enteignung 1945 im Besitz der Universität. Nach der Wende konnten Rückübertragungsanträge gestellt werden, so dass z.b. der Spiegel 2004 die Universität als „reichste Hochschule Deutschlands“ betitelte. Heute hat die Uni wieder Liegenschaften von ca. 8700 Hektar.

 

Was hat dieser Grundbesitz für uns als Familienforscher für eine Bedeutung? Die meisten Ländereien waren verpachtet und in den Procuraturregistern, die man mit einem Kassenbuch vergleichen kann, sind die Pachteinnahmen und die Namen der Pächter säuberlich aufgelistet.

In der hervorragenden Digitalen Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern sind jetzt die Jahrgänge 1591 – 1730 dieser „Kassenbücher“ fast komplett digital veröffentlicht.

Einstiegsseite

Ob der Fundus schon komplett online steht, ist nicht sicher, auch in den letzten Tagen wurden noch neue Register veröffentlicht. Update 3.Mai= Inzwischen sind Register ab 1570 online.

Alle Ausgaben sind jeweils mit einem sehr ausführlichen Inhaltsverzeichnis ausgestattet, welches einem die Navigation in den teilweise doch für einen Laien schwer lesbaren Büchern erleichtert.

Papiermühle - Wassermühle Hanshagen (Quelle wikimedia)
Papiermühle - Wassermühle Hanshagen (Quelle wikimedia)

Ein Exempel: Als Pächter der Papiermühle findet man ab ca. 1647 einen Jacob Rambow, der 70 bis 80 Taler(?) jährlich bezahlen muss, manchmal stottert er den Betrag ab, manchmal wird das Geld als eine Summe eingetragen. Duch Suchen in den einzelnen Jahrgängen kann man den Weg dieses Müllers nachvollziehen. 1671  find ich ihn und die Papiermühle letztmalig erwähnt. Unter dem Punkt Mühlenpacht von Hanshagen wird diese Mühle dann weiter aufgeführt.

Grundbesitz der Universität Greifswald 1634 (Quelle wikimedia)
Grundbesitz der Universität Greifswald 1634 (Quelle wikimedia)

Man findet nicht nur die Namen der jeweiligen Bauern,  auch ggf. mit Angabe des Nachfolgers,  verzeichnet in den Pachteinnahmen aus den Dörfern (Eldena, Wampen, Leist, Ladebow, Wieck, Diedrichshagen, Hanshagen, Grubenhagen, Dersekow, Koos, Neuendorf, Turow, Kemnitzerhagen, Radelow, Kessin, Hennekenhagen, Schönwalde, Weitenhagen u.a.),   sondern auch Einnahmen aus dem Zeesekahn, der Ackerheuer, dem Kruggeld und vieles mehr.

Namenslisten und -angaben finden sich auch auf der Ausgabenseite, neben den Beamten und Kirchenmitarbeitern werden nur als Beispiel Ausgaben an Exulanten, Arme, Bauernhilfen und Handwerkerlöhne aufgelistet.

Für jeden, der seine Forschung in und um Greifswald betreibt, sind diese Register eine reichhaltige Quelle.

Weitere Quellen:

Johann Gottfried Ludwig Kosegarten – 1856-57

Geschichte der Universität Greifswald: Mit urkundlichen Beilagen: Band 1

Geschichte der Universität Greifswald: Mit urkundlichen Beilagen: Band 2

Hinweise auf Chroniken der Universität und das Buch  „Der Untergang des Bauernstandes und das Aufkommen der Gutsherrschaften“ Fuchs, Carl Johannes, Strassburg 1888 mit einem Kapitel über die Eigentumsdörfer der Universität

Landbuch des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums Rügen …, Band 2 von Heinrich Karl Wilhelm Berghaus, Direktlink zu den Kapiteln über die Ortschaften