Im Düsseldorfer Medienhafen gibt es das Julo-Levin-Ufer mit interessanten alten und neuen Gebäuden. Warum erzähle ich hier im Blog über Pommern davon?

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Düsseldorf, Julo Levin Ufer, Bild von Frank Vincentz CC-BY-SA-3.0 , via Wikimedia Commons

Der Namensgeber Julo (Julius) Levin hätte heute Geburtstag. Er wurde am 5. September 1901 in Stettin geboren, als drittes und jüngstes Kind des Ehepaares Leo Levin und Emma, geb. Arnfeld . Über seine Kindheit und Jugend ist bekannt, dass er von 1904 – 1916 im ersten Stock in der König-Albert-Straße 51 (heute Śląska 51) wohnte. Dieser Umstand wurde im letzten Jahr innerhalb des schönen Projektes „Stettiner Mietshäuser“ gewürdigt.

Julo Levin

Es wird berichtet, dass sich schon früh bei Julo ein zeichnerisches Talent bemerkbar machte. Bereits im Alter von 6 Jahren hätte er über 3000 eigene Bilder gesammelt. Die Familie wünschte allerdings, daß er Kaufmann werde und die Kunst nur in seiner Freizeit betreibe. Diesem Wunsch entsprechend begann Levin bei einer Stettiner Firma eine kaufmännische Ausbildung. Da sein Drang zum Zeichnen blieb, besuchte er abends die Kunstgewerbeschule.

Von 1919 – 1926 studierte er aber dann an den Kunstgewerbeschulen in Essen und München und an der Kunstakademie Düsseldorf, auch bei Jan Thorn Prikker und Heinrich Nauen. Reisen führten ihn unter anderem nach Marseille. Er gehörte der Gruppe „Junges Rheinland“ und der von 1930 bis 1933 bestehenden Künstlergruppe Das Neue Pommern an.

Julo Levin: Ostsee, Aquarell http://www.kunsthaus-am-schifferberg.eu/auktion10.htm oder https://de.pinterest.com/pin/394627986072205457/

Julo Levin hätte also eine normale Künstlerkarriere durchlaufen können, er galt als vielversprechender Expressionist. Aber Julo Levin war Jude und so wurde ihm 1933 Berufsverbot erteilt. Ausstellungen konnten nur noch in jüdischen Einrichtungen stattfinden und ab 1936 unterrichtet er Kinder der Jüdischen Volksschule in Düsseldorf als Zeichenlehrer. Er beginnt die Zeichnungen seiner Schüler zu sammeln. Ab 1938 unterrichtet er in Berlin, er ist zu seiner Schwester und seiner Mutter gezogen. Er sammelt weiter die Bilder seiner Schüler. Der Schwester Else gelingt die rechtzeitige Emigration nach England, sie nimmt etliche dieser Zeichnungen mit. Julo selbst bleibt in Berlin, wird 1941-1943 von der SS zu Zwangsarbeit kommandiert und muss die Waggons, die leer von den Deportationen zurück kommen, reinigen. 1943 wird er selbst nach Ausschwitz deportiert, wo er stirbt, ein genaues Datum ist nicht bekannt.

Julo Levin: Hafenschuppen in Stettin, Stadtmuseum Düsseldorf
Julo Levin: Hafenschuppen in Stettin, Stadtmuseum Düsseldorf

Sein Vermächtnis sind neben einigen eigenen Bildern diese Kinderzeichnungen. Der Ehefrau Mieke seines Freundes Franz Monjau gelingt es Kinderzeichnungen und auch Bilder von Julo Levin zu retten.

Unter dem Titel „Verjagt, ermordet“ wurden diese jüdischen Kinderzeichnungen rund um den Erdball ausgestellt. Seit Anfang der 1980er Jahre sind die Zeichnungen durch Ankauf und Schenkung in die Sammlungen des Stadtmuseums Düsseldorf gelangt. Und dort wurde 2012 die außergewöhnliche Ausstellung Zeichnungen von Kindern und Künstlern (Ausstellungsführer, pdf) gezeigt, über die der Blog dieses Museums in mehreren Artikeln berichtet: Gesichter, Allein,  Paare und Gruppen. Zu den Kinderbildern wurde auch das Schicksal der einzelnen kleinen Künstler recherchiert und so entsteht ein Blick auf diese furchtbare Zeit, der einzelnen Schicksalen Namen und Gesichter gibt, Geschichten, die jetzt noch erschauern lassen.

Bild von Helene T., geb. 02.03.1926, in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, Stadtmuseum Düsseldorf
Bild von Helene T., geb. 02.03.1926, in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, Stadtmuseum Düsseldorf

Nicht nur in Düsseldorf, auch in Pommern ist Julo Levin nicht vergessen. Zu seinem 100sten Geburtstag 2001 gab es ein große Ausstellung im Schloß der pommerschen Herzöge in Stettin.

Ausführliche Biographie und Bibliographie beim Kulturportal West-Ost.

Ergänzung 6.10.2014

In Berlin wurden Stolpersteine für Familienmitglieder von Julo Levin verlegt:

Für seine Mutter Emma Levin, geb. Arnfeld *18.06.1868 in Bad Polzin / Połczyn-Zdrój

Für seinen Onkel Julius Arnfeld *25.04.1875 in Bad Polzin / Połczyn-Zdrój  

Zwei Cousinen der Mutter, Emma und Lucie Fabian, begingen vor der Deportation Selbstmord. Auch an sie wird mit Stolpersteinen erinnert.