Die „Causa Stralsund“ ist immer noch im Fokus des öffentlichen Interesses. Klaus Graf hat einen ausführlichen Artikel mit einer Zusammenfassung der Ereignisse bei Libreas veröffentlicht : „Lehren aus der Causa Stralsund: Mehr Schutz für historische Bestände“, der Erfolg der Petition wird oft zitiert und als Beispiel genannt – wobei man den Eindruck hat, dass sich inzwischen ein Petitionswelle über die Bürger ergießt Ich habe gerade sogar eine mir völlig unbekannte Petition zum Thema Stralsund gefunden, die aber null Unterstützer hatte.
In Stralsund selber ist die Stelle des Leiters des Stadtarchivs neu ausgeschrieben wobei ich mich besonders über die Forderung „Latinum und Kenntnisse weiterer europäischer Sprachen wie Englisch und Schwedisch sind wünschenswert“ freue, die bisherigen Stelleninhaber waren nach meinen Informationen des Lateins nicht mächtig.
Die Rückgabe eines Konvoluts anlässlich des 50jährigen Schuljubiläums von Schulrat Friedrich Koch durch den in den USA lebenden Pastor Holger Roggelin nahm die Stadt zum Anlass ein Foto zu schießen (s.o.) und eine Pressemitteilung herauszugeben:
Über das Internet hatte Holger Roggelin, der sich besonders für die Hanse- und Schulgeschichte Vorpommerns interessiert, vergangenes Jahr von der Veräußerung von Teilen des Bestands des Stadtarchivs erfahren.
Daraufhin begann der ehemalige Lübecker systematisch nach Büchern aus der Stralsunder Gymnasialbibliothek im Netz zu suchen. Bei seinen Recherchen stieß er auf die „Festgabe“, die anlässlich des 50-jährigen Dienstjubiläums des damaligen Schulrats des Stralsunder Gymnasiums, Dr. Friedrich Koch, gedruckt worden ist. Diese enthält neben den Festschriften von Lehrerkollegen und der in Greifswald ausgestellten Ehrendoktorurkunde außerdem historische Grundrisse des Putbuser Pädagogiums und des Stralsunder Gymnasiums.
Der seit 2000 in den USA lebende Pastor hofft, durch sein gemeinnütziges Engagement für den Erhalt der Stralsunder Gymnasialbibliothek noch mehr Menschen zu ebensolchen Taten anzuregen. Er meint, dass Bücher, die aus dem Bestand des Stralsunder Stadtarchivs verkauft worden sind, wieder an ihren eigentlichen Bestimmungsort zurückgegeben werden sollten. Denn, da sind sich beide Wissenschaftler einig, der historische Wert der Gymnasialbibliothek liegt in der Vollständigkeit des Bestandes (Voller Wortlaut)
Auf der Homepage der Stadt werden wieder ein paar Bröckchen Information mehr preis gegeben. So erfährt man dort, dass die Bücher jetzt verpackt zum Transport zur Reinigung bereit stehen (waren da nicht eigentlich zwei Reinraumwerkbänke vor Ort für aufgestellt?), danach sollen sie in Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Greifswald katalogisiert werden und es ist sogar ein „wissenschaftlichen Erschließungsprojekt, in dessen Ergebnis erstmals eine umfassende Darstellung dieses bedeutenden Schatzes auch in Buchform erscheinen soll“ geplant. In diesem Zusammenhang werden Institutionen in Marburg, Hamburg und Rostock genannt.
Und was ist aus den Experten aus der Staatsbibliothek Berlin und der Universitätsbibliothek Leipzig geworden, die waren doch „damit beauftragt, die mittelalterlichen Handschriften und Inkunabeln zu katalogisieren“
Eine Liste der bisher zurückgegebenen 7 Bücher ist auch aufgeführt. Wirbt die Stadt so um die Rückgabe weiterer Bücher?
Und bei den aktuellen Angeboten des Antiquars kann man weiterhin vermuten, dass er noch Bestände aus Stralsund anbietet.
Alles immer noch nebulös, oder? Frohe Pfingsttage! M.Ott