Folge 3: Welche Arten des genealogischen Schreibens gibt es?
Genealogisches Schreiben ist kein fest definiertes Literaturgenre, und es gibt keine starre Einteilung, welche Schreibweisen genau darunterfallen. Eines gilt jedoch für alle Arten genealogischen Schreibens: Die Darstellung muss faktenbasiert und „wahr“ sein. Natürlich enthalten Lebenserinnerungen viele subjektive Elemente, die von jeder Person unterschiedlich wahrgenommen werden. Doch sobald Fakten bewusst verändert werden – wenn etwa aus dem pommerschen Bauern-Großvater ein schlesischer Bergmann wird – verlässt man das genealogische Schreiben und bewegt sich in den Bereich der Fiktion. Das ist keineswegs „verboten“, gehört dann aber eher in das Genre des historischen Romans.
Obwohl es keine feste Typologie des genealogischen Schreibens gibt, versuche ich dennoch eine Einordnung – von der reinen Faktendarstellung bis hin zur literarischen Ausschmückung.
Datensammlungen
Die reine chronologische Darstellung von Lebensdaten und Verwandtschaftsverhältnissen ist Gegenstand klassischer Familienchroniken.
Kommentierte und/oder illustrierte Daten- und Dokumentensammlungen
Hierbei handelt es sich um strukturierte Sammlungen von Bildern, Dokumenten und Stammbäumen – mit oder ohne kurze erläuternde Texte, die die Verbindung zwischen den einzelnen Elementen herstellen.
Memoir und Memoiren
Ein Memoir beschreibt einen prägenden Abschnitt der Lebensgeschichte – also nicht das gesamte Leben, sondern ein einschneidendes Erlebnis einer Person oder Familie in einer bestimmten Zeitphase. „Nicht ohne meine Tochter“, schrieb Betty Mahmoody in den 80er Jahren und beschrieb darin ihre Flucht aus dem Iran.
Mehrere Memoirs können sich zu einer umfassenderen Darstellung vereinen, den Memoiren. Diese unterscheiden sich von einer Biografie dadurch, dass sie sich auf die soziale oder berufliche Rolle einer Person konzentrieren. Daher können sie auch bereits im relativ jungen Alter veröffentlicht werden – Prinz Harry war beispielsweise 38 Jahre alt, als er seine Memoiren „Reserve“ veröffentlichte.
(Auto-)Biografie
Hierbei handelt es sich um die umfassende Beschreibung des Lebens einer Person oder Familie. Erzählt jemand seinen eigenen Lebensweg, spricht man von einer Autobiografie. Grundlage ist stets die Recherche und Darstellung realer Fakten.
(Auto-)biografischer Roman
In diesem Genre vermischen sich Fakten und Fiktion. So kann aus dem pommerschen Großvater ein Schlesier werden – doch damit verlässt man das genealogische Schreiben und bewegt sich in den Bereich des historischen oder biografischen Romans. Das ist vollkommen legitim, aber eben eine andere Art der Erzählung.
Und zuletzt: Genealogisches Schreiben muss nicht zwingend nur in Textform geschehen. Auch grafische Darstellungen wie Graphic Novels („grafische Romane“) bieten spannende Möglichkeiten, Familiengeschichte anschaulich zu erzählen.
Auf alle genannten Formen werde ich in weiteren Beiträgen detaillierter eingehen. Habt ihr Ergänzungen zu dieser Liste? Oder Beispiele für eine der genannten Kategorien, die wir hier vorstellen könnten? Ich freue mich über eure Rückmeldungen!