Mit eine der schönen Eigenschaften der Familienforschung ist ja, dass man immer etwas Neues dazu lernt. So eröffnete die folgende Anfrage einen mir völlig unbekannten Sachverhalt.
„Sehr geehrte Herren, ich schreibe Ihnen aus Lothringen, Frankreich. Die Herzöge von Pommern hatten eine kleine Herrschaft in meiner Heimat, die Herrschaft Vinstingen oder Finstingen.
Sie hatten einen Amtmann der Friedrich von Hindenburg hieß und ca. 30 Jahre in der Kleinstadt tätig war. Er blieb in Lothringen und heiratete eine de Pilliers. Hatte auch einen Sohn der auch Friedrich hieß. Er war „Herr von Schleinitz“. Er ist wahrscheinlich gegen 1629 gestorben.
Kann mir jemand helfen ihn genealogisch einzuordnen ? „
Erst einmal suchte ich Finstingen. Der Ort heißt jetzt Fénétrange und hat 648 Einwohner.

Ganz grob könnte man sagen, er liegt mitten in einem Dreieck Saarbrücken-Straßburg-Metz. Und wieso wurde das um 1619 pommersch?
Hintergrund war die Liebesgeschichte zwischen dem katholischen Herzog Ernst von Croÿ und der pommerschen evangelischen Prinzessin Anna, deren Bruder Franz der Herzog von Pommern-Stettin war. Die Herrschaft Finstingen war das „Leibgedinge“ der Prinzessin zur Hochzeit 1619 in Stettin.
Unser Ehrenmitglied Charly Kreplin wies mich auf Veröffentlichungen von Prof. Haik Porada zu diesem Thema hin:
Finstingen an der Saar – Auf pommerschen Spuren in Lothringen (Teil I) in Zeitschrift Pommern Heft 4/2008, Seite 2-8
Finstingen an der Saar – Auf pommerschen Spuren in Lothringen (Teil II) in Zeitschrift Pommern Heft 1/2009 S. 8 – 14
Darin konnte man lesen, dass Ernst von Croÿ einen Hofmeister Gabriel von Hindenburg hatte (erbgesessen auf Wachlin und Schellin bei Stargard in Hinterpommern) und der Herzog Franz aus Stettin Hofrat Friedrich von Hindenburg zu Schellin „in die Herrschaft Finstingen abgefertigt“ hatte. Und der hat sich dann wohl in eine Französin verliebt.

Die ganze schöne Geschichte um Ernst und Anna könne sie in der Ostseezeitung nachlesen: das ist der Bericht über einen Vortrag von Haik Porada zu diesem Thema.
Leider währte das Eheglück des jungen Paares nur kurz, im Oktober 1620, also nach einem Jahr Ehe, starb Ernst von Croÿ. Aber am 26. August 1620 war der Sohn Ernst Bogislaw geboren worden.
Schon 1622 kehrte Anna mit ihrem Sohn Ernst Bogislaw nach Stettin zurück. Ihr Bruder, Bogislaw XIV., verlieh ihr den Witwensitz zu Stolp, von dem sie durch den Ausbruch des schwedisch-polnischen Krieges zeitweilig nach Rügenwalde, Stettin und Greifswald verschlagen wurde. Ihre Bemühungen, ihrem Sohn die lothringische Erbschaft zu sichern, hatten letztlich keinen Erfolg. Das Reichskammergericht hatte zwar die Anwartschaft auf die lothringischen Güter bestätigt, aber der rechtmäßige Erbe Ernst Bogislaw von Croÿ hat die Erbschaft nie erhalten. Er wurde evangelischer Bischof von Cammin, Statthalter von brandenburgisch Hinterpommern und Preußen und sein Name ist vermutlich immer im Gedächtnis durch den Croy-Teppich, den er der Universität Greifswald schenkte.
1681 vermachte Ernst-Bogislaw in seinem Testament der Universität mehrere Schätze aus dem ehemaligen pommerschen Herrscherhaus. Darunter waren außer dem Reformationsteppich (sog. Croy-Teppich) von 1554 auch der Siegelring Bogislaws XIV. und die Medaillonkette der Anna von Croÿ, die sie und ihren Gatten Ernst von Croÿ zeigte. Die Kette besteht aus gediegenem Golde, hat ein Gewicht von 366 Gramm und misst 1,04 Meter. An ihr ist eine ovale goldene Medaille befestigt, die eine angelötete Einfassung von schwarz emailliertem Goldfiligran umrahmt, in welche acht, in Abwechslung folgende Rubinen und Diamanten gefasst sind. Die Vorderseite der Denkmünze zeigt die Brustbilder des Herzogs von Croÿ und seiner Gemahlin Anna von Pommern mit der Umschrift: ERNESTUS : A . CROI : ET . ANNA : A . POMERANIA, die Rückseite zwei sich verschlingende Hände, hinter denen ein Palmzweig sichtbar ist, während in der Höhe ein Engelköpfchen mit Flügeln schwebt. Die umgeschriebenen Worte lauten: NON E SOLO SED E CÆLO. Damit bezeichnet sich die Medaille als ein zur Erinnerung an die eheliche Verbindung der Herzogin Anna mit dem Herzog von Croÿ geprägtes Stück. Diese Kette dient seitdem der Universität Greifswald als Rektorkette und erinnert somit immer noch an Finstingen.
Ach: hat jemand (von) Hindenburg aus Wachlin oder Schellin bei seinen Ahnen und kann weiterhelfen?
Bild und Beschreibung der Kette aus:
Die Kunstdenkmäler der Königlichen Universität Greifswald; Schultze, Victor; Greifswald, 1896
https://www.digitale-bibliothek-mv.de/viewer/metadata/PPN861394771/25/LOG_0007/