Folge 6: Inspirieren lassen – Graphic Novels über Familiengeschichte
Und weiter geht es mit Inspirationen für genealogisches Schreiben – oder diesmal besser genealogisches Zeichnen. Wie wäre es mit einer Graphic Novel?
Graphic Novels sind Comics mit anspruchsvollen Inhalten, die eher Erwachsene ansprechen. Sie widmen sich immer häufiger auch familiengeschichtlichen Themen. Für entsprechend talentierte Menschen eine ganz hervorragende Möglichkeit, Familiengeschichte lebendig werden zu lassen.
Wer noch keinen Blick in diese besondere Form des Comics geworfen hat, der kann sich hier inspirieren lassen:
Der Duft der Kiefern von Bianca Schaalburg
Avant Verlag, 26 €
Sonderausgabe bei der Bundeszentrale für politische Bildung, 7,50 €
Die geerbten Schlafzimmermöbel der Oma werfen bei Bianca Schaalburg die Frage auf, „Wie war das, diese Kindheit unter den Nazis?“ Gemeinsam mit ihrem Sohn sichtet sie Unterlagen, durchforstet Archive, sucht nach Spuren verschwundener Nachbarn und lässt den Leser teilhaben an der Geschichte ihrer Familie in Berlin. Das Buch ist derzeit auch in einer günstigen Sonderausgabe bei der der Bundeszentrale für politische Bildung zu haben.

Columbusstraße von Tobi Dahmen
Carlsen Verlag, 40 €
Das Haus der Großeltern in der Düsseldorfer Columbusstraße war ein zentraler Ort für die Familie von Tobi Dahmen. Basierend auf den Erzählungen seiner Eltern, aber insbesondere auch den Briefen seiner Onkels von der Ost- und Westfront hält er die Geschichte seiner Familie graphisch fest. Mit seinem Buch möchte er „jeden ermuntern, sich mit der eigenen Familiengeschichte zu beschäftigen. Und in der eigenen Familie Fragen zu stellen, und sich darüber zu unterhalten. Es verbindet uns am Ende.“

Never again will I visit Auschwitz von Ari Richter
Fantagraphics Books, ca. 34 €
Eine echte Herzensangelegenheit ist für mich die Graphic Novel „Never again will I visit Auschwitz“ des New Yorker Kunstprofessors Ari Richter. Er folgt den Spuren seiner Familie durch Stuttgart, die Nordpfalz, Breslau, Berlin und Pommern. Dabei lässt er nicht nur Familienerzählungen auferstehen, sondern erkundet seine eigene Vergangenheit, geprägt vom Trauma eines Enkels von Holocaustüberlebenden. Eine Reise nicht nur durch Deutschland und das heutige Polen, sondern auch zu sich selbst. Dabei ist er gnadenlos – mit sich, der Geschichte seiner Familie und der Erinnerungskultur. Und doch endet seine Reise mit Hoffnung, Versöhnung und der Entscheidung für ein neues Leben.
Ari Richter ist der Enkel des Schivelbeiner Rabbiners Karl Richter, über den ich 2023 geschrieben hatte. Es ist mir eine große Ehre, dass ich mit ein paar zusätzlichen Informationen zu Aris Buch, das damals bereits fast fertig war, beitragen konnte.

Heimat – Ein deutsches Familienalbum von Nora Krug
Penguin Verlag, 28 €
Etwas aus der Reihe fällt „Heimat – Ein deutsches Familienalbum“. Keine klassische Graphic Novel im Sinne eines Comics, sondern eine bebilderte Suche nach Heimat, die Nora Krug nach ihrer Auswanderung in die USA quer durch die eigene Familiengeschichte führt. Gezeichnet und fotografiert, in Collagen und Comicszenen, mit deutlich mehr Text als die anderen Bücher, dokumentiert sie die Geschichte ihrer Familie. Am Ende ihrer Reise stellt sie für sich fest, „dass Heimat nur in der Erinnerung wiedergefunden werden kann, dass sie etwas ist, das erst zu existieren beginnt, wenn man es verloren hat.“