Endlich ist er da, der Sommer und vielleicht hat der eine oder die andere eine Reise nach Hinterpommern geplant. Neben dem Besuch von Archiven, Kirchen und Friedhöfen bleibt dann hoffentlich noch genügend Zeit, die vielen schönen Ecken der heutigen Woiwodschaft Westpommern zu erkunden. Äußerst hilfreich ist hierbei ein guter Reiseführer. Für alle Reisefreudigen hier eine aktuelle Auswahl.
Stettin Swinemünde & Insel Wollin Via Reise,192 Seiten, davon knapp 50 ausschließlich für Stettin, 5. Auflage 2023, 16,95 €
Für Stettin gibt es derzeit nur einen einzigen Reiseführer, der auch noch Swinemünde und die Insel Wollin abdeckt. Wer einen Ausflug (nur) nach Stettin unternehmen möchte, der macht mit diesem Reiseführer sicherlich nichts falsch. Übersichtlich und mit diversen Tipps auch abseits der Touristenrouten, bekommt man hier Lust, nicht nur Stettin selber, sondern auch die Umgebung zu erkunden.
Mein Fazit: schon weil’s der einzige ist, aber auch wegen des Informationsgehalts zu empfehlen. (mehr …)
Swinemünde, 21. Juli. Swinemünde feierte die erste Wiederkehr des Tages, an dem zum erstenmal an seinem Strand ein Badedirektor das Szepter schwang. Der Jubiläumstag war zugleich der erste in dieser Saison, der aus allen Teilen des Reiches Gäste in größerer Zahl herbeigelockt hatte. Im Gegensatz zum Vorjahre, in dem neben dem Inland, das sehr stark vertreten war, die Ausländer eine bedeutende Rolle spielten, ist Swinemünde in diesem Jahre, ebenso wie die übrigen Ostsee-bäder, recht still.
Die offizielle Feier begann mit einer Festsitzung des Magistrats, in der der kommissarische Bürgermeister der Stadt, Regierungsrat Boediker , einen kurzen Ueberblick über die Geschichte des Seebades gab. Die eigentliche Veranlassung zu seiner Gründung war der Aufschwung von Stettin als Handelshafen, der Swinemünde die Leistung erschwerte. Erst einige Zeit nach der Eröffnung des Bades wurde mit der Errichtung des „Gesellschaftshauses” begonnen, des nachmaligen Kurhauses. Die Bademethoden waren damals recht primitive: man konnte sich, wenn man seescheu war, am Strand zwei Kübel Ostseewasser über den den Kopf gießen lassen und hatte dafür zwei Groschen zu zahlen. Erst von 1888 ab entstanden die Strandanlagen in der Gestalt, die sie heute aufweisen. Der Verkehr des Seebades wurde anfangs durch Polizeimaßnahmen gehemmt, entwickelte sich aber nach der Bebauung des Strandes so schnell, daß sich in der Vorkriegszeit jährlich Zehntausende von Gästen einfanden. Selbstverständlich hat Swinemünde in den Kriegsjahren schwer gelitten und ist seither noch nicht wieder auf die alte Höhe gelangt.
Den Höhepunkt der Jahrhundertfeier bildete ein historischer Festzug, der bunte Bilder aus den hundert Jahren brachte, in denen Swinemünde geworden ist: die Bürgerwehr des Kommerzienrats Krause vor hundert Jahren, uralte, primitive Badekarren und fast vorsintflutliche Verkehrsmittel, alle Radfahrer- und Anglerklubs in Galatracht und ein Aufgebot von Blumenwagen. Einem Empfang, den Swinemünde den anwesenden Pressevertretern gab, wohnte der Außenminister Dr. Stresemann bei. Bei Einbruch der Dunkelheit flammten in Fenstern und an Hausfronten, aus den Türmen der Standhotels und auf Boten, die draußen in der Ostsee lagen, Tausende von Lichtern auf, und Feuerwerk goß Tageshelle über den Strand.
Ortsnamen wie Teerofen im Kreis Rummelsburg und im Kreis Naugard, Theerhof Brennerei im Kreis Lauenburg, Theerkaten im Kreis Stolp und Bütow, Theerofen in den Kreisen Dramburg oder Naugard oder Pechfliess im Kreis Dramburg weisen auf das uralte Handwerk der Teerschwelerei hin. Der Reichtum Pommerns an Holz begünstigte diese Tätigkeit
Bei der Ahnenforschung sind in erster Linie unsere Augen gefordert – Kirchenbücher, genealogische Zeitschriften, Geschichtswälzer, historische Sendungen im Fernsehen und ganz besonders der Computer sind in allererster Linie visuelle Medien. Viele von uns sind in einer Zeit aufgewachsen, in der auch das Radio eine große Rolle spielte. Ich kann mich gut erinnern an vergnügliche Nachmittage mit Hans Rosenthal und „Allein gegen Alle“, meine Leidenschaft für ferne Länder wurde Sonntag morgens im NDR „Zwischen Hamburg und Haiti“ geweckt und „Neues aus Waldhagen“ machte mir den Schulfunk schmackhaft. (mehr …)
Von einer Dame, die kürzlich nach Ratzeburg umgezogen ist, eine Liste mit auf dem St. Petri-Friedhof in Ratzeburg beigesetzten Pommern.
Sie erkundet nun ihre neue Heimat und hat dabei auch ein paar Friedhöfe in Ratzeburg besucht. Ihr fiel auf, dass nach dem Ende des 2. Weltkriegs offenkundig sehr viele Flüchtlinge aus dem Osten angekommen und etliche hier dann meist bald nach ihrer Ankunft in Ratzeburg verstorben waren.
Bei einem Besuch im Stadtarchiv Ratzeburg fand sie mit Hilfe des Stadtarchivars heraus, dass dort Aufzeichnungen der aus den Ostgebieten Geflüchteten existieren, aus denen sie folgende Namen von Pommern extrahiert hat.
Die Orte waren für die Dame, die ansonsten nichts mit Familienforschung zutun hat, nicht immer einfach Pommern zuzuordnen, weshalb die Liste möglicherweise unvollständig sein kann oder auch Fehler dabei sein könnten.
Wir bedanken uns herzlich für diese nachahmenswerte Arbeit!
In der Kirche von Klötzin drängen sich die Bewohnerinnen und Bewohner des Dorfes und des angrenzenden Ritterguts Dolgenow. Die schönste Fachwerkkirche des Kreises Schivelbein soll sie sein, in jedem Fall ist sie aber die zweitälteste. Seit 1588 kommen hier die Gläubigen zusammen.
Jetzt mitten in der Erntezeit ist der Sonntagsgottesdienst für viele eine willkommene Abwechslung von der anstrengenden Feldarbeit. Die Predigt ist beendet und das Abendmahl hat begonnen. Der Pfarrer gießt den Wein in den Abendmahlskelch, eine Person nach der anderen trinkt davon. Der Wein schmeckt sonderbar, das fällt dem einen oder der anderen auf. Aber das Abendmahl ist ein Sakrament, heilig, das Blut Christi gereicht vom Pfarrer, da traut sich niemand, die Flüssigkeit im Kelch in Frage zu stellen.
25 Personen haben getrunken, als die erste Frau nach draußen eilt und sich übergeben muss. Auch den anderen wird schlecht, Entsetzen breitet sich aus, die Menschen rufen „Wir sind alle vergiftet!“. 12 Kilometer sind es bis Schivelbein, bis zum nächsten Arzt. Der Schivelbeiner Kreisphysikus Dr. August Mau persönlich eilt nach Klötzin. Bald kann er Entwarnung geben – es wird zwar etwas dauern, doch alle Kranken werden es überstehen. Fast ein kleines Wunder, denn im Kelch befand sich neben Wein auch „Eau des Javelle“ – Fleckenwasser.
Was war nur passiert? Wie war die giftige Substanz in den Kelch gelangt? Ein gemeines Attentat oder gar ein Werk des Teufels? Schon wenige Tage später ist der Fall gelöst – dem Wirtschaftsfräulein des Pfarrers war ein folgenschwerer Fehler unterlaufen, ganz ohne böse Absicht. Neben einer vollen Flasche Wein hatte sie dem Pfarrer auch eine angebrochene mitgegeben – in der eben jenes Fleckenwasser aufbewahrt wurde. Glück im Unglück für alle – nicht nur war der Abendmahlskelch zu mehr als der Hälfte mit echtem Wein gefüllt worden, auch bestand das Eau de Javelle zum größten Teil aus Pottasche und nur sehr wenig Chlor. Was aus dem unglücklichen Wirtschaftsfräulein wurde, ist nicht bekannt. Hingegen schaffte es der „bedauernswerte Unfall“ von Klötzin in Zeitungen im gesamten deutschen Reich.
Pfingsten steht vor der Tür. „Eigentlich ist es schade, dass – anders als zu Weihnachten oder Ostern – mit dem Pfingstfest wenig Geschichten und Bräuche verbunden sind“, bedauert der Vorsitzende des Pommernkonvents, Pastor Dr. Christoph Ehricht. Vielleicht finden wir ja doch einige.
Viele Bräuche hängen mit der zeitlichen Lage von Pfingsten im Frühjahr zusammen – die Dekoration mit frischem Grün drängt sich zu dieser Jahreszeit auf.
„Vater hatte die „Pfingstmaien“ schlagen lassen, denn das “liebliche“ Fest stand vor der Tür“, erinnerte sich Liselotte Schwiers über ihre Kindheit auf einem Gut in Zietlow im Kreis Belgard. Mit diese jungen Birkenbäumchen wurde dann das ganze Dorf dekoriert. “Jeder Hausvater aus dem Dorf nahm sich sein Maibäumchen mit, und sogar vor jede Stalltür wurde eins gestellt. Der Hofmeister sorgte dafür, dass jeder Baum in einem Eimer mit Wasser stand. So blieben die Blätter frisch und glänzend, bis das Fest vorüber war.“ (Liselotte Schwiers, Das Paradies liegt in Pommern, S. 71).
Die Blätter für Pommersche Volkskunde berichten, dass besonders zu Pfingsten die Windmühlenflügel mit „Maibüschen“ (Birkenzweigen) dekoriert wurden. Im östlichen Hinterpommern wurde das Weidevieh von den Hütejungen mit Blumen und Birkengrün geschmückt (Atlas der Pommerschen Volkskunde).
In Zarnglaff im Kreis Cammin wurden verdiente Bauern mit einem Pfingstbaum überrascht. Klammheimlich brachten junge Burschen in der Nacht eine geschmückte Kiefer ins Dorf und stellten sie vor den ausgewählten Bauernhäusern auf. Am nächsten Abend fand dann ein großes Fest rund um den Überraschungsbaum statt (Wilhelm Bastelt, Geschichte des Dorfes Zarnglaff im Kreise Kammin in Pommern).
In Klein Nossin im Kreis Stolp war das Pferdewaschen zu Pfingsten ein festliches Ereignis. „Die Häuser waren mit Birkengrün und Kalmus üppig geschmückt, wenn die Pferde zum Wasser der Schottow geführt wurden.“, erinnert sich Heiko Kebschull (Von Hinterpommern nach irgendwo…)
Über den „Tauschlepper“ oder auch Maikönig, der es am Pfingstmorgen schaffte, sein Vieh als erster auf die Weide zu führen, berichtete David Krüger in einem eigenen Beitrag. Beim abendlichen Fest musste der Pfingstlangschläfer, dessen Vieh als letztes auf der Weide angekommen war, den Tauschlepper bedienen. Pfingstkarr nannte man die Schlafmütze in Vor-, Pfingstlümmel in Hinterpommern.
Das „Tonnenabschlagen“, ein Wettkampf zu Pferde, bei dem auf ein aufgehängtes Heringsfass eingeschlagen wird, erfreut sich heute noch auf Fischland-Darß großer Beliebtheit. Ursprünglich ein Pfingstbrauch wurde es später in den Sommer verschoben – vielleicht auch wegen der Touristen, die das Spektakel heute noch anzieht.
Bräuche zum Pfingstritt sind aus Heinrichsdorf, Kreis Neustettin, und Wangerin, Kreis Regenwalde überliefert. In Wangerin trugen die Pfingstreiter Hüte mit bunten Bändern, ihren Vorreiter nannte man Dogschläper (Paul Klein, Volkslied und Volkstanz in Pommern, S. 133).
Eine besondere Pfingstspeise wurde in Bütow zubereitet. Für “Pischk” wurde Gerste in einem Mörser zerstoßen, mit heißem Wasser übergossen und mit hölzernen Hämmern bearbeitet, bis jedes Korn von seiner Hülle befreit war. Das Ganze wurde dann dick eingekocht und mit oder ohne Milch verzehrt, berichtet Hugo Krause auf der Facebookseite des Vereins Kolberger Lande.
In Mittelpommern in der Gegend um Stettin war das Abwerfen der Pfingsttaube üblich. „Wir Kinder mussten eine Pfingsttaube abwerfen. Dies war ein bemalter Holzvogel, bestehend aus Rumpf, Kopf, Zepter und Flügel. Befestigt war er auf einer hohen Stange und musste nach und nach heruntergeworfen werden.“ berichtet Günter Voigt aus Dischenhagen, Kreis Cammin.
Im Pfingstgottesdienst ließ man eine weiße Taube durch die Kirche fliegen, sinnbildlich sollte damit die Ausgießung des Heiligen Geistes dargestellt werden. Womit der Kreis zu Pastor Ehricht vielleicht wieder geschlossen ist. Ein paar schöne Bräuche gab es also doch in Pommern.
„Pfingsten war ein frohes Fest, weil es den langen, schönen Sommer eröffnete, der meist weit bis in den Oktober hinein warm und trocken blieb.“, fasst Liselotte Schwiers ihre Erinnerungen an das Pfingstfest zusammen. In diesem Sinne wünsche ich euch frohe und sonnige Pfingsttage!
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